Donnerstagnachmittag an der S-Bahn-Station Konstablerwache. Gemeinsam mit einer anderen blinden Frau warte ich auf die Linie S3. Und mal wieder funktioniert die Ansage der einfahrenden S-Bahn-Linien nicht. Das ist seit ein paar Jahren normal, dass die Ansage nur sporadisch funktioniert. Für blinde Fahrgäste heißt das, dass wir bei jeder einfahrenden Bahn fremde Personen danach fragen müssen. Und wir müssen blind darauf vertrauen, dass die Auskunft richtig ist. Das ist nicht nur anstrengend, sondern einfach nur nervig. Denn ich kann keinen Blickkontakt herstellen. Und so muss ich mich irgendwie anders bemerkbar machen und hoffen, dass derjenige meine Sprache spricht. Dazu kommt, dass die Bahnen chronisch verspätet sind, so dass ich mich nicht auf die Zeiten im Fahrplan verlassen kann. Bei der nächsten Bahn frage ich also eine Frau welcher Zug da einfährt. Sie antwortet, dass es die S3 ist, und ich steige ein. Die Bahn ist so voll, und die Ansage der Haltestelle leise genug, um sie zu überhören. Und so dauert es etwas, bis mir klar ist, dass ich in der falschen Bahn sitze. Warum die Frau draußen mir die falsche Bahn genannt hat, das weiß ich nicht. Fakt ist jetzt, dass mich diese Sache mindestens eine halbe Stunde Zeit und Konzentration kostet. Das alles wäre nicht passiert, wenn die Ansage der einfahrenden Züge funktioniert hätte.
Wenn ich mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs bin, brauche ich einmal die Information was da gerade einfährt. Und normalerweise sollte das bei U-Bahnen und S-Bahnen angesagt werden. Meist funktioniert das auch.
Was ich ebenso brauche ist eine Ansage der nächsten Haltestelle. Bei U-Bahnen und S-Bahnen funktioniert diese normalerweise. Bei Bussen oft nicht. Jedenfalls nicht in den meisten, die sich hier im Kreis Offenbach bewegen. Wenn sie mal funktionieren, dann sind sie so leise, dass man sie bestenfalls noch erahnen kann. Spreche ich den Busfahrer darauf an, ist das meist ergebnislos. Ich bekomme oft Antworten wie „Funktioniert nicht“, oder „Ich sage Ihnen Bescheid“. Aber das mit dem Bescheid sagen funktioniert nicht immer zuverlässig. In der vergangenen Woche stieg ich in einen Bus ein, und fragte nach der Busnummer. Auf die Frage: „Bis wohin wollen Sie“, antwortete ich „Ich fahre bis Brauerei mit“. Der Fahrer meinte, er sage mir dann Bescheid. Tja, aber genau das tat er nicht. Und als ich das gemerkt hatte, waren wir schon daran vorbei gefahren. Für mich hieß das jetzt, dass ich einen Umweg von ca. 20 Minuten in Kauf nehmen musste, um an mein Ziel zu kommen.
20 Minuten sind jetzt kein Weltuntergang. Allerdings kann es ziemlich nervig werden, wenn einem so was öfter passiert. Erst recht, wenn man einen Fixtermin hat. Ein weiterer Aspekt ist, dass viele blinde Menschen ihre Wegstrecke regelrecht auswendig lernen. Wenn sie dann ihre Haltestelle verpassen, können sie nicht einfach mal einen anderen Weg einschlagen. Oft heißt die Lösung dann ein Taxi rufen, sich von irgendwem abholen lassen, oder fremde Menschen ansprechen und sich durchfragen. Für blinde Menschen, die noch etwas unsicher im Straßenverkehr sind, ist das eine echt blöde Situation. Dasselbe Problem haben übrigens auch Menschen, die ortsfremd sind, oder nicht so oft mit dem öffentlichen Nahverkehr unterwegs sind.
Es gibt ein paar wenige Busfahrer, die mir bevor ich frage schon ansagen welche Linie ich gerade vor mir habe. Darüber freue ich mich riesig, da es mir die Fragerei erspart. In blind Busfahren, das ist für mich wichtig gehe ich noch mal speziell auf das Thema ein.
Und jetzt freue ich mich auf Eure Meinung und einen Erfahrungsaustausch in den Kommentaren hier auf dem Blog.