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Allgemein blinde Eltern unterwegs

Ich bin jetzt eine blinde Oma 

Um das Thema blinde Eltern, sehende Kinder, ist es in den letzten Jahren still auf meinem Blog geworden. Einen wirklichen Grund dafür gibt es eigentlich nicht. Vielleicht liegt es daran, dass meine Kinder immer älter geworden sind, und es nicht viel zu berichten gab, dass sich von dem sehender Eltern unterscheidet.

In meinen Beiträgen blinde Eltern – sehende Kinder habe ich mehrere Beiträge zu meinem Alltag als blinde Mutter geschrieben. Inzwischen sind meine Kinder erwachsen geworden. Und vor ein paar Monaten hat meine Tochter mich zur Oma eines jungen gemacht. Wir sehen uns regelmäßig. Und so kann ich miterleben, wie er sich entwickelt.

Für mich hieß das erst einmal alles auf Anfang. Es stellten sich Fragen wie: wie wickle ich ein Baby, wie halte ich das, Baby richtig, wie gibt man einem Baby das Fläschchen? Und gerade am Anfang fühlte ich mich etwas verunsichert, wenn die Kindseltern mich im Blick hatten. Ich habe eine Weile gebraucht, um diese Verunsicherung loszuwerden. Und damit ich mit meinem Enkelkind nach draußen gehen Kann, habe ich neu lernen müssen, wie man ein Tragetuch bindet. Ich hatte das früher täglich mehrmals gemacht. Aber inzwischen hatte ich es vergessen.

Und ich durfte erleben, wie unterschiedlich Menschen auf eine blinde Frau mit Kind reagieren. Damit meine Tochter hier in Ruhe arbeiten konnte, bin ich mit meinem Enkelkind nach draußen gegangen. Ich wollte im nahe gelegenen Einkaufszentrum etwas besorgen. Dort begegnet mir sehr viele Menschen, für die wir vermutlich der Hingucker schlechthin waren. Eine Blinde Frau mit Baby im Tragetuch, einem Rucksack auf dem Rücken und vorweg ein Blindenlangstock. Diesen Anblick bekommt man hier nicht alle Tage geboten.

Wenn uns Menschen Ansprachen, dann geschah das in freundlichem tun. An zwei Stimmen erinnere ich mich, die ich nicht schön fand. Eine Dame sagte zu irgendjemandem: Anführungszeichen das ist unverantwortlich, was die blinde da macht Anführungszeichen. Und eine weitere Stimme habe ich gehört, die irgendwen fragte: Anführungszeichen hat die niemanden, der ihr hilft. Anführungszeichen? Da die Fragen nicht an mich direkt gerichtet wurden, brauchte ich auch nicht zu antworten. Ich denke, dass diese Menschen ihre eigene Version haben. Mit einem schmunzeln habe ich mich dann gefragt, wie diese Personen reagiert hätten, wenn mein Enkel angefangen hätte zu brüllen.

Zum Glück gibt es nicht nur solche Menschen. Ich erinnere mich an einen Herrn, der mich fragte, ob ich Hilfe brauchte. Das war in der Nähe einer Rolltreppe, die ich immer recht schwer finde. Also nahm ich die Hilfe gerne an, und wir lachten ein bisschen zusammen. Das tat richtig gut.

Zum Glück hat meine Tochter keine Vorbehalte, wenn ich den kleinen Mann beaufsichtige. Sie weiß, dass ich frage, wenn ich etwas nicht weiß oder nicht zurecht komme. Das ist für mich alles, was zählt. An alle anderen da draußen: wenn ihr blinde Eltern seht, stellt doch eure Fragen direkt an diese Personen. Dann bekommt Ihr auch eine gute Antwort. Sprecht mit uns, und nicht während unserer Anwesenheit über uns. Das ist besser als irgendwelche Vermutungen laut zu äußern. Auch wir haben Ohren. Und nicht jeder hat ein dickes Fell wie ich.

An dieser Stelle möchte ich Eltern mit einer Sehbehinderung dazu ermutigen, über ihre Erlebnisse zu schreiben. Gerne auch hier auf dem Blog. Ich freue mich immer über Gastbeiträge zu dieser Thematik.

Meinen ersten Beitrag über Blinde Eltern – sehende Kinder könnt Ihr noch mal nachlesen. Und jetzt lade ich euch dazu ein in den Kommentaren darüber zu diskutieren.

Eure Lydia