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Blind Taxi fahren ist Kommunikation

Menschen mit Sehbehinderung greifen auch mal zum Taxi. Warum das so ist, und auf welche Schwierigkeiten wir treffen, erklären Euch mein Gastautor und ich.

Niklas ist Mitte 30, ist vollzeit berufstätig und spielt in seiner Freizeit Showdown. 2018 war er bereits mit dem Beitrag Inklusion, ich war immer die Ausnahme bei mir zu Gast.

Vergangenen Freitag den 12.01.2024 haben wir uns mit 3 Blinden in Frankfurt-Höchst am Bahnsteig getroffen, um gemeinsam zu einem in der nähe liegendem Lokal zu gehen.

Da unsere Begleitung, mit der wir dort verabredet waren, sich verspätete, beschlossen wir mit dem Taxi in das Lokal zu fahren. Denn wir alle kannten die Wegstrecke nicht.

Am Taxistand befand sich kein Wagen. Also beschlossen wir uns mit der Uber-App zu behelfen.

Ich bestellte uns also ein Uber, zum Höchster Bahnhof.

Die Schwierigkeiten begannen schon damit, dass der Fahrer uns nicht fand, obwohl wir über die App zu orten waren. Außerdem waren wir alle drei gut sichtbar mit einem Blindenlangstock gekennzeichnet.

Als er uns dann endlich über Telefon gefunden hatte, Fuhr er zu der Adresse des Lokals, und blieb einfach stehen, obwohl dort kein Gasthaus zu sehen war, weil seine Navigation anzeigte, dass er sein Ziel erreicht habe.

Die Tatsache, dass wir blind sind interessierte den Herren nicht, oder er verstand es nicht. Das wissen wir nicht. Auf jeden Fall, mussten wir dann Passanten nach dem zu fahrenden Weg fragen.

Endlich angekommen, baten wir den Fahrer uns zum Eingang zu begleiten. Anstatt dies zu tun, ließ er uns aussteigen, machte die Türen zu und fuhr sofort los. Wir drei Blinde staunten nicht schlecht, dass er uns quasi einfach stehen gelassen hatte. Wir fanden zum Glück jemanden, der uns half den Eingang des Lokals zu finden.

Wenn blinde Menschen ein Taxi rufen, dann ist es ganz oft deshalb, weil sie die Wegstrecke nicht finden. Da wir keine Hausnummern lesen können, sind gerade für blinde Nutzer eines Smartphone Systeme, die einen Orten, eine gute Sache. Und wenn es nicht klappt, dann können Fahrer und Fahrgast miteinander telefonieren. Ich mache es so, dass ich dem Fahrer vorab eine Nachricht schicke, in der ich auf meine Sehbehinderung hinweise, damit er mich findet und anspricht. Das setzt eine fuktionierende Kommunikation voraus. Wenn aber der Fahrer, wie in der Story von Niklas, kein ausreichendes Deutsch spricht, ist das nicht möglich. Ich vertrete ganz klar die Auffassung, dass jemand, der mit Menschen arbeitet, die Landessprache ausreichend beherrschen muss. Das gilt nicht nur für Taxi und Mietwagen, sondern auch für den öffentlichen Nahverkehr. Gleiches gilt auch für die Fahrt als Dienstleistung. Der Fahrer sollte wissen, dass Menschen mit einem weißen Langstock eine Sehbehinderung haben. So was wie einen einfach stehen lassen und wegfahren geht gar nicht. Also, wenn jemand eine E-Mail oder Hotline hat, bei der man wirksam Fahrten reklamieren kann, dann gern hier in die Kommentare schreiben.

Und jetzt lade ich Euch ein in den Kommentaren über dieses Thema zu diskutieren.

Von lydiaswelt

Ich bin blinde Mutter von zwei Kindern. Beiträge aus meinem Alltag und dem meiner Gastautoren finden hier eine Plattform.

7 Antworten auf „Blind Taxi fahren ist Kommunikation“

Für mich ist Taxifahren ein Horror mit meiner Hörbehinderung und zunehmender Unfähigkeit der Fahrenden, halbwegs verständlich Deutsch zu sprechen. Bei öffentlichen Verkehrsmitteln weiß meistens irgendwer die Linie oder Haltestelle, den Rest dazu kann man sich erarbeiten. Aber in einem Taxi fühle ich mich eher hilflos, das hatte ich sogar mal beruflich. Beschwerden bei den Unternehmen sind schwierig, weil es viele Einzelunternehmer sind und die Zentrale dann wenig ausrichten kann, die prüfen nur das Lizenzrechtliche.

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Hallo, dieses Erlebnis macht mich sprachlos, obwohl ich auch schon meine Erahrungen mit Deutschen Taxiunternehmen machen durfte.
Ich bestellte ein Taxi für den kommenden Tag vor, sagte dazu, dass ich blind bin und die bestellung für Hin-und Rückfahrt wurde aufgenommen. Der Fahrweg war nur ca. 3 Minuten, aber ich komme nun einmal alleine zur Physiotherapie schlecht dort hin, und mein mann konnte ausnahmsweise nicht fahren. Die Hinfahrt klappte auch gut, obwohl der Taxifahrer da schon meckerte, dass er für so eine kuze Strecke früher da sein musste. Zurück bekam ich dann zur angegebenen Zeit eine SMS, dass meine Fahrt nicht durchgeführt werden kann. Das war alles.
Habe mich leider nur aufgeregt, aber nicht beschwert. Die nächsten Fahrten mit dem selben Unternehmen aber viel weiterer Strecke klappten dann. Aber ich überlege mir sehr gut, ob ich wirklich ein Taxi benötige, oder ob es einen anderen Weg für mich gibt.
VG Gaby

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Also ich bin ja viel unterwegs und benutze oft auch eine Taxe. Unterm Strich hab ich mit dem fahrenden Personal überwiegend gute Erfahrungen gesammelt – ganz gleich, welcher Herkunft die Leute waren. In Berlin bin ich im Laufe der Jahre mit Fahrern aus der halben Welt unterwegs gewesen – und das war immer okay. Klar war auch mal ein Blödmann dabei wo du dachtest, der hat wohl schlecht gefrühstückt. In solchen Fällen trete ich – sagen wir mal – auf grinsende Weise etwas offensiver auf. Funktioniert. Einmal hatte ich einen, der nicht so wirklich wusste, wozu mein schöner weißer Langstock da ist. Der war misstrauisch und hielt das glatt für ne Bewaffnung. Dem musste ich erstmal einen Vortrag halten. Letzteres passiert jedoch nicht nur bei Taxifahrern, sondern ebenso bei Verkaufspersonal.
Mit Uber habe ich allerdings keine Erfahrungen – nie benutzt…

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Na, das hört sich ja Grausam an. Taxi und Blinde. Also hier in Korbach in Nordhessen wo ich und meine Blinde Frau leben und viel Taxi fahren müssen haben nur gute Erfahrungen gemacht.

Anscheinend sind Großstädte wie Frankfurt/ Main etc. etwas anders. Mit Blindenhunden das ist ja nochmals eine andere Dimension….

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Email oder Nummer nicht. Aber man kann die Fahrt über die App melden. Als zum Beispiel diskriminierendes Verhalten. Hab‘ ich gemacht, als ich mit Hund stehen gelassen wurde. Klingt erstmal hart. Aber es meldet sich dann jemand, und man erklärt den Vorfall. Sie waren sehr bemüht, die Fahrer aufzuklären. Und sagten mir, dass ich diesen Weg gehen soll.

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Hallo Lydia, ich bin Jörg. Ich bin nicht blind und kann wahrscheinlich überhaupt nicht erahnen, welche Probleme allein durch solche Dinge täglich im Alltag auftreten. Dennoch habe ich mir hierzu einige Gedanken gemacht und werde dazu sehr zeitnah ein Forschungsprojekt einleiten. Ich würde mich (ich gehe von einer Genehmigung aus) dann sehr gerne mit Dir genau zu dieser Geschichte und möglichen Lösungsansätzen einmal unterhalten, wenn das möglich wäre. Damit Du einschätzen kannst, dass es mir ernst ist: Ich bin Präsident der HafenCity Universität Hamburg und mache selber als Professor immer noch eine ganze Reihe Mobilitätprojekte. Meine Universität ist mit dem Hamburg Wireless Innovation Competence Center Teil des Deutschen Zentrums Mobilität der Zukunft des Bundesministerium für Digitales und Verkehr, welches ich eingeworben habe und auch leite. Wie gesagt, ich freue mich über eine Rückmeldung, wenn das möglich ist. Telefonisch bin ich unter 040428272726 oder per Mail unter joerg.mueller-lietzkow@hcu-hamburg erreichbar. Herzlichste Grüße aus Hamburg wünscht, Jörg

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