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Barrierefrei posten -Das kann jeder tun

Die Worte Inklusion und Barrierefreiheit lesen wir täglich. Und ganz oft sind es die Politiker, die Anbieter von Webseiten oder die Betreiber von Geschäften und Arztpraxen, die etwas tun sollen. Diese Liste lässt sich endlos fortsetzen.
Mir geht es heute darum, was jeder Einzelne von uns tun kann, um die Welt ein bisschen Barriere ärmer zu machen. Ganz wichtig sind mir hier die sozialen Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Instagram. Wie oft finde ich Videos, die vielleicht mit Musik unterlegt sind, jedoch kein einziges gesprochenes Wort beinhalten. Damit sind schon mal blinde Menschen raus. Mit ein bisschen Beschreibung im laufenden Video können auch wir an dem Geschehen teilhaben und einer evtl. daraus entstehenden Diskussion folgen.
Seit einiger Zeit bietet nicht nur Facebook und Twitter, sondern auch Instagram das Feld Alternativtext an. Das kann man ausfüllen, und beschreiben was auf dem Foto zu sehen ist. Dieser Text wird nur von Screen Readern, mit denen wir blinden User arbeiten, vorgelesen, und fällt daher im Beitrag nicht auf. Für blinde Follower hat das den Vorteil, dass wir, ohne jedes Mal nachfragen zu müssen, wissen worum es in dem Foto geht.
Wenn das Feld für den Alternativtext nicht ausgefüllt wird, gibt es eine Beschreibung, die automatisch erstellt wird. Diese Art der künstlichen Intelligenz ist noch so sehr in den Kinderschuhen, dass sie unbrauchbar ist.
Wer das einmal mit dem iPhone ausprobieren möchte, kann einmal Voiceover einschalten, und auf das Foto tippen. Den Unterschied werdet Ihr sehr schnell merken.
Kommen wir zu den vielen Bloggern, die sich im Netz der Netze tummeln. Auch an Euch habe ich ein paar Wünsche, die uns Followern mit Sehbehinderung oder Blindheit das Leben erleichtern können.
Ganz wichtig, verzichtet auf Captchas al Spamschutz. Eher werden diese von einer Maschine entschlüsselt als von einem blinden User.
– verwendet bitte kontrastreiche Farben, und nicht zu viel auf einer Seite. Weniger ist oft mehr.
– Füllt bitte die Felder „Name“, „Alternativtext“ und „Beschreibung“ mit einem Satz aus, der das Bild beschreibt. Es reicht, wenn Ihr denselben Satz in alle drei Felder schreibt oder kopiert.
Wer seine Fotos beschreibt, macht nicht nur die Welt ein bisschen zugänglicher, sondern tut auch was für seine Reichweite. Denn Bilder mit Beschreibung werden auch durch Suchmaschinen leichter gefunden.
Das soll es für den Anfang gewesen sein. Also, auf ein barriereärmeres Miteinander!

Dieser Text ist bereits am 20.10.2020 als Kolumne auf die neue Norm erschienen.
Seit Jahren bin ich auf Facebook und Twitter aktiv. Und so nach und nach werde ich meine dort geposteten Beiträge mit einem Alternativtext versehen. Die neueren Fotos sind es bereits. Auf Instagram habe ich mir irgendwann einen Account zum Testen eingerichtet. Ab und zu hat mal jemand für mich etwas hoch geladen. Ansonsten lag das Ganze brach. Doch seit es die Möglichkeit gibt Fotos zu beschriften, macht es auch mehr Spaß selbst Bilder zu posten, und anderen Usern zu folgen, die sich für ein paar Sekunden Zeit nehmen, und ihre Bilder im Feld „Alternativtext“ beschreiben. Und hier könnt Ihr mir auf Instagram folgen. Wer mag, kann mich im Beitrag markieren, und bekommt eine Rückmeldung zur Bildbeschreibung.

Lasst uns gemeinsam die sozialen Netzwerke ein bisschen zugänglicher für blinde User machen.

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Allgemein Alltag unterwegs Zu Gast auf lydiaswelt

Kennzeichnung im Straßenverkehr

Meine heutige Gastautorin schreibt über ein Thema, welches immer wieder unter Menschen mit fortschreitender Sehbehinderung kontrovers diskutiert wird.

Thema Kennzeichnung

Es ist ja immer wieder Thema soll ich oder soll ich nicht. Oder auch muss ich oder muss ich nicht. Hier meine Geschichte wie ich zur Kennzeichnung kam.

Ich kann verstehen, dass es eine Überwindung darstellt dich zu kennzeichnen.

Ich habe von Geburt an eine seltene Form der RP. Als meine zweite Tochter geboren wurde hatte ich mein erstes Aha-Erlebnis. Meine Große hatte ich an der Hand und die Kleine auf dem Rücken in einem Tragerucksack. Ich war im Dunkeln auf dem Heimweg von einer Freundin. Ich bin gestolpert und gefallen, weil ich eine Bordsteinkante nicht gesehen habe. Da habe ich mir gesagt jetzt ist es soweit, dass ich Mobilitätstraining machen muss. Denn ich falle nicht mehr alleine. Gesagt getan. aber ich habe den Blindenstock nur bei Dunkelheit benutzt. Leider wurden meine Augen immer schlechter. Dennoch habe ich mich nicht gekennzeichnet. Bis mein zweites Aha-Erlebnis kam. Ich war alleine auf dem Wochenmarkt und schaute auf meinen Einkaufszettel, während ich weiter lief. Dabei habe ich eine alte Dame nicht gesehen. Sie ist fast gefallen weil ich sie angerempelt habe. Wenn ich mir vorstelle sie wäre gefallen und hätte sich womöglich die Hüfte gebrochen oder sonstigen Schaden erlitten. Puuh, ich war völlig fertig mit der Welt. Da habe ich angefangen meinen Langstock auch im Hellen zu benutzen. Wenn ich mir jetzt vorstelle ich bin ohne als Mensch mit einer Sehbehinderung gekennzeichnet zu sein im Straßenverkehr unterwegs und ich übersehe ein Auto, und der Fahrer versucht mir auszuweichen und rast in eine Kindergartengruppe. Nein ich will nicht wegen Eitelkeit oder Faulheit für so was Schreckliches verantwortlich sein. Damit will ich nicht sagen dass du Eitel oder faul bist aber du musst das mit deinem Gewissen vereinbaren. Jetzt habe ich einen Blindenführhund. Dieser ist durch das weiße Führgeschirr als Assistenzhund gekennzeichnet.
Ich habe eine ganze Weile gebraucht, bis ich offen dazu stehen konnte, dass ich blind bin. Ich bin glücklich verheiratet, hab zwei gesunde Kinder und ein schönes Zuhause. Ich kann nicht gucken. Aber das ist auch der einzige Unterschied zu normal sehenden Personen. Nur wenn wir uns nicht verstecken, können wir die Menschen auf uns aufmerksam machen und zeigen, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt.
Ich appelliere an all diejenigen, die wissen, dass sie eine Sehbehinderung haben, und die sich nicht kennzeichnen wollen. Ihr schützt nicht nur Euch dadurch, dass ihr Euch kennzeichnet. Ihr schützt auch eure Mitmenschen. Und ihr helft ihnen dabei mit Eurer Behinderung umzugehen.

Danke dir, liebe Beate, dass Du Deine Geschichte mit uns geteilt hast. Ich weiß, dass es nicht einfach ist sich als blind oder sehbehindert zu outen. Wie oft höre ich Sätze wie „Ich sehe noch gut genug“, „Ich bin noch nicht soweit“, oder „Dann schauen die Leute immer so mitleidig“. Gerade Menschen, die sich im Prozess der Sehverschlechterung befinden, tun sich besonders schwer damit. Hier möchte ich Euch den Beitrag der Blindenstock, Stigma oder Befreiung ans Herz legen.

Und jetzt freue ich mich über einen regen Meinungsaustausch in den Kommentaren.

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Texteingabe auf dem iPhone

Technik hat in meinem Leben als blinde Frau eine große Bedeutung. Da ist mein Smartphone, welches mir in manchen Situationen das Leben erheblich erleichtert. Dabei geht es nicht nur um die alltäglichen Dinge, die wir heutzutage mit dem Smartphone erledigen. Soziale Netzwerke, Nachrichten schreiben, oder auch mal telefonieren. Ich nutze dieses Gerät auch dazu alles zu notieren, was ein normal sehender Mensch mit dem Stift auf einem Zettel schreiben kann. Dazu gehören Einträge in meinen Terminkalender, Notizen aller Art oder Einträge in mein Adressbuch. Längere Fahrten mit Bus und Bahn nutze ich gern dazu E-Mails zu beantworten, Zeitung zu lesen oder auch mal nach Kochrezepten zu suchen.
Es gibt mehrere Arten sich blind etwas mit dem iPhone aufzuschreiben.
Einmal gibt es Siri, die normal sehenden Menschen sofort einfällt, wenn es um Menschen mit Sehbehinderung geht. Ich nutze sie gern, wenn ich schnell mal einen Termin notieren will, oder eine Erinnerung erstellen möchte. Man kann damit auch Texte in einem Eingabefeld diktieren, die erkannt und in Schrift umgewandelt werden. Allerdings nutze ich das nicht so gern, da mir diese Funktion zu viele Fehler macht. Außerdem setzt Siri eine stabile Internetverbindung voraus, die nicht überall gegeben ist. An dieser Stelle eine Bitte an die Fans des Diktats. Bitte diktiert doch Punkt und Kommata mit. Wenn diese im Text fehlen, hören sich Texte mit Sprachausgabe einfach nur gruselig an.
Apple liefert Bedienungshilfen für Menschen mit Behinderung mit, die man wahlweise aktivieren und für seine Bedürfnisse anpassen kann. Für blinde Nutzer ist es die Bedienungshilfe Voiceover, die den Bildschirminhalt hörbar macht. Damit lässt sich bei der Eingabe von Texten auch die virtuelle Tastatur nutzen. Und für diejenigen, die die Brailleschrift beherrschen, gibt es auch die Möglichkeit eine Braille Tastatur auf dem iPhone zu simulieren. Diese Form nutze ich am liebsten, da ich damit schnell und fehlerfrei schreiben kann. Diese Funktion bringt sogar eine Rechtschreibkorrektur mit.
Eine weitere Alternative ist eine Bluetooth Tastatur. Gerade für längere Texte empfinde ich das Schreiben mit 10 Fingern als entspannter. Jedenfalls wenn man für sich die passende Tastatur gefunden hat. Für mich ist dabei wichtig, dass die Anordnung der Tasten gut zu greifen ist, und das die Tastatur sich nach dem Einschalten sofort mit meinem Smartphone oder iPad verbindet. Und für unterwegs ist es wichtig, dass diese nicht so viel Platz wegnimmt, bzw. nicht zu schwer für die Handtasche ist. Es gibt nicht die eine Tastatur, die für jedermann gut ist. Daher finde ich es ratsam die Tastaturen in die Hand zu nehmen und auch mal ein paar schreibversuche damit zu machen.
Unterwegs nutze ich ein gutes Headset, das mir den Bildschirminhalt sofort in angenehmer Sprachqualität wiedergibt, und mir gleichzeitig die Ohren nicht ganz verschließt. Denn diese brauche ich gleichzeitig für die Orientierung, oder um die Ansagen in Bus und Bahn zu hören, denn ich möchte nicht mehrmals am Tag die Entscheidung treffen müssen, ob Orientierung oder Sprachausgabe.
In meinen Beiträgen IphonApps für Zuhause und Apps, die blind bedienbar sind habe ich verschiedene Apps beschrieben, die mir oder anderen blinden Nutzern eine Hilfe sein können.

Und was sind Eure Lieblingswerkzeuge auf dem Smartphone? Schreibt sie mir in die Kommentare.

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Allgemein Alltag unterwegs Zu Gast auf lydiaswelt

Busstreik – Blinde bleiben auf der Strecke

Als im vergangenen Monat die Busfahrer streikten, habe ich immer wieder feststellen müssen, dass kaum etwas über die Situation von Menschen mit Behinderung, speziell mit Sehbehinderung zu lesen war. Gerade auf Facebook musste ich mir von Streikbefürwortern anhören, dass ich mich doch solidarisch mit den Busfahrern zu zeigen habe. Nun, es geht hier nicht allein um mich, sondern um die Menschen, die ihre feste Strecke laufen, die für sie erst mal alternativlos ist. Vielleicht könnten die Streikverantwortlichen mal an eine Lösung für diesen Personenkreis arbeiten.

Mein Gastautor Wilhelm Gerike hat mir pünktlich zum Jahresende einen Gastbeitrag zu diesem Thema geschrieben.

Streiks kann ich nicht leiden

„Es ist 6:30 Uhr“, weckt mich mein Lieblingsradiosender, „heute wird gestreikt“. Und das betrifft nicht etwa das Finanzamt, sondern die Busse, mit denen ich täglich fahre. So gilt es, möglichst schnell einen fahrbaren Untersatz zur Arbeit zu organisieren. Bei den Taxizentralen komme ich entweder gar nicht durch oder mir wird gesagt, dass man bis etwa 9:30 Uhr keinen Wagen bekommt. Also erst einmal auf der Arbeit anrufen: Hallo, ich komme heute streikbedingt etwas später, tut mir Leid. Kurz bevor ich mir überlege, ob ich nicht doch einmal einen Krimi schreibe, in dem ich den Rädelsführern die zehn grausamsten Todesarten angedeihen lasse, klingelt das Telefon. „Wie kommst Du denn heute zur Arbeit?“ fragt mich meine gut gelaunte Bekannte. „Ich gehe runter in den Keller und packe den fliegenden Teppich aus“, kommt es von mir lakonisch zurück. „Nun komm mal runter, wir nehmen Dich mit.“ Mir fällt eine Geröllhalde vom Herzen und ich komme doch noch einigermaßen pünktlich bei der Arbeit an.
Der Rückweg lässt sich etwas unaufgeregter organisieren: Ich kann rechtzeitig ein Taxi vorbestellen. Und morgen sollen die Busse ja wieder fahren, sagt mein Lieblingsradiosender.
Was sich hier anhört, wie eine Kabarettklamotte, ist in Wahrheit ziemlich bitter: Am Tag nach dem Warnstreik liest man viel von Schülerinnen und Schülern in der Zeitung, die sich zum Teil über Kilometer mit dem schweren Schulranzen auf dem Rücken durch den Regen in die Schule quälten. Von mir und meinesgleichen – blind und Arbeitnehmer – liest man hingegen nichts. Ich kann mich nicht irgendwo hinstellen und den Daumen raushalten. Während des letzten längeren Streiks der Busfahrer nahm mich ein Kumpel mit dem Taxi mit. Dadurch war ich zwar viel zu früh bei der Arbeit, hatte aber keinen größeren Stress.
Meine Frau (hochgradig sehbehindert) erzählt vom großen Streik 1992, als rund vier Wochen nicht nur Bahnen und Busse, sondern auch die Müllwagen stehen blieben. „Ich habe mir damals ein großes Schild gemalt, dass ich zur Uni fahren will. Außerdem haben viele Autofahrer einen roten Punkt an der Windschutzscheibe gehabt. Der sollte anzeigen, dass sie Leute mitnehmen.“ Dieser Streik war für mich in erster Linie teuer. Doch das Blindengeld ließ mich eher weich fallen. Wer so eine Unterstützung nicht hat, ist ein echter Verlierer solcher Streikmaßnahmen.
Der Streik ist ein grundgesetzlich geschütztes Recht der Arbeitnehmer, Ihre Interessen gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen. Das musste auch die Deutsche Bahn erfahren, als sie versuchte, die Streiks der Lokführergewerkschaft zu verbieten. Trotz einer miserablen Pressearbeit gelang es den Lokführern, zwischen Herbst 2014 bis Ende 2015 die Sympathie der meisten befragten Bundesbürger auf ihre Seite zu ziehen. Ich bekenne, dass ich nicht zur großen Mehrheit gehörte: Für mich sind solche Streikmaßnahmen ein massiver Eingriff in meine Lebensführung. Ich habe nicht die Alternative, für eine Strecke von A nach B ein Auto zu benutzen.
Ich träume davon, einmal auf einer Streikversammlung das Mikrofon in die Hand zu nehmen. Folgendes würde ich den Streikenden gern sagen: „Kolleginnen und Kollegen, wir blinden und sehbehinderten stehen unverbrüchlich hinter Euren Forderungen. Doch leider fahren Eure Arbeitgeber geschlossen mit dem Auto, sind also vom Streik persönlich nicht betroffen. Dagegen erwischt es unsereins richtig hart. Soll denn die Hochzeit meiner besten Schulfreundin wirklich ohne mich stattfinden, obwohl ich Trauzeuge bin? Wie kann ich zum nächsten Supermarkt kommen, ohne dass der Bus fährt, auf Wegen, die ich nicht kenne? Überlegt Euch doch einmal, in Wellen zu streiken, getreu dem Motto heute hier, morgen dort. Ein Dichter hat mal gesagt: Auch kleine Nadelstiche tun auf die Dauer weh.“

Ich danke Willi für seine offenen Worte. Er hat bereits die Beiträge blind Fernsehen oder ins Kino gehen und Geräuschumgebung, zu laut oder zu leise für mich geschrieben.

Jetzt freue ich mich über einen guten Meinungsaustausch in den Kommentaren.

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Allgemein Alltag

Ein paar Klischees über blinde Menschen

Zu meinem 200sten Beitrag habe ich mir ein besonderes Thema ausgesucht.

Es gibt eine Menge Mythen und Klischees, die sich um Menschen mit einer Sehbehinderung ranken.
Der Klassiker ist, dass blinde Menschen in ewiger Dunkelheit leben, und sich nichts sehnlicher wünschen, als irgendwann einmal sehen zu können. Diese Aussage wird in der Regel von normal sehenden Menschen gemacht, die sich blindsein wie folgt vorstellen: Ich mache die Augen zu, und sehe gar nichts mehr. Und dann bin ich ganz hilflos, alles ist schrecklich, wenn man mit Blindheit geschlagen ist.
Richtig ist, dass nur ca. vier Prozent aller blinden Menschen wirklich gar nichts mehr sehen. Alle anderen, die dem Gesetz nach als blind gelten sehen bis zu zwei Prozent auf mindestens einem Auge. Diese zwei Prozent klingen erst mal nach sehr wenig. Jedoch kann man sich damit möglicherweise noch orientieren, mit einer starken Lupe lesen oder diesen auf andere Weise einsetzen. Das ist von der vorliegenden Augenerkrankung und dem Betroffenen selbst abhängig.
Die meisten Sehbehinderungen treten im Alter auf. Daher sind die meisten blinden Menschen bereits über 60 Jahre alt. Und jemand, der immer normal gesehen hat, wird sich wünschen wieder sehen zu können, denn eine Sehbehinderung stellt das gesamte Leben auf den Kopf. Menschen, die von Geburt an blind sind, wissen oft nicht was normal sehen heißt. So, und wenn ich etwas nicht kenne, wie soll ich es dann vermissen? Also, ich hatte nie den Wunsch normal sehen zu können, denn das was ich kenne ist mein kleiner Sehrest von ca. 2 %. Und mit diesem habe ich mich mein Leben lang arrangiert. Was ich nicht sehen kann, erschließe ich mir durch meine anderen Sinne oder organisiere mir auch mal technische oder sehende Hilfe. Und, solange das funktioniert, sehe ich keinen Grund daran etwas zu verändern.

Blinde brauchen sehende Betreuung im Haushalt.
Auch das kommt aus der Perspektive „Ich mache die Augen zu und bin hilflos“. Es gibt eine Menge Tricks, Techniken und Hilfsmittel, die ein eigenständiges, und vor allem selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Dazu gehören Orientierung oder lebenspraktische Fertigkeiten wie Kochen, Putzen oder Wäschepflege. Es gibt spezielle Lehrkräfte, die einem diese Techniken vermitteln. Dazu muss man sich, wenn man als Erwachsener erblindet, dafür entscheiden seine Selbstständigkeit wiederzuerlangen. Kostenlosen Rat und Hilfe bei Sehverlust bieten die Beratungsstellen von Blickpunkt Auge an. Hier sind auch Angehörige betroffener Personen willkommen. Eine weitere Quelle mit einem umfangreichen Angebot ist der deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband DBSV.

Blinde sind besonders musikalisch und können Noten besonders gut hören. Dieses absolute Gehör hat nichts mit dem fehlenden Sehsinn zu tun. Zu meiner Schulzeit gab es an der Blindenschule ein umfangreiches Musikangebot. Aber es gab auch ein vielfältiges Sportangebot, Kunst, Debattierkreise und naturwissenschaftliche AGs, sowie in anderen Schulen auch.

Blinde Menschen sind ebenso vielseitig wie nicht Betroffene. Und uns gibt es mit allen menschlichen Eigenschaften, in allen Graden von Höflichkeit und Anstand und in Geschmacksrichtungen. Das Einzige, das wir gemeinsam haben, ist die Sehbehinderung. Und diese ist nichts weiter als eine Eigenschaft von ganz vielen. So wie bei nicht blinden Personen auch.

So, und damit es nicht zu theoretisch bleibt, lege ich Euch noch zwei Beiträge ans Herz, die meine Aussagen unterstreichen. Kuchen backen, wenn man blind ist, und blind mit Medikamenten umgehen.

Noch Fragen? Dann stellt sie einfach in den Kommentaren.