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Orientierung wenn der Herbst kommt

Der Herbst beginnt, und damit die dunkle Jahreszeit. Damit verändern sich nicht nur die Temperatur, sondern auch die Lichtverhältnisse. Es wird später hell und früher Dunkel. Für Menschen mit einer Sehbehinderung eine Herausforderung. Denn Lichtverhältnisse sind für blinde Menschen ein wichtiges Merkmal für eine gute Orientierung. Es gibt Augenerkrankungen, die dafür sorgen, dass man den Sehsinn nachts nur eingeschränkt bis gar nicht mehr nutzen kann. Das heiß dann, dass man stärker auf Hilfsmittel wie den Blindenlangstock angewiesen ist. Dass man durch Autoscheinwerfer oder andere helle Lichtquellen im Straßenverkehr regelrecht geblendet ist. Die Augen leisten teilweise Schwerstarbeit, wenn man vom Dunkeln ins Helle und umgekehrt kommt.
Doch nicht nur die Lichtverhältnisse morgens und abends ändern sich. Tagsüber herrscht oft ein dämmriges Licht, was ebenfalls Einfluss auf die Orientierung hat. Für mich, die ich blendempfindlich bin, ist es gut, für Menschen, die eher helleres Licht brauchen, ist es schwieriger sich zu orientieren. Die Steigerung für diejenigen, die ihr Restsehen zur Orientierung einsetzen, ist Nebel. Dieser macht nicht nur normal sehenden Verkehrsteilnehmern das Leben schwerer, sondern verändert auch ein bisschen die Akustik.
Ein weiterer Faktor sind die Bäume, die nun nicht mehr wie im Sommer Schatten werfen. Auf einmal ist es an Stellen, die ich als Schatten wahrnehmen konnte, hell. Dafür liegen mehr Blätter auf den Wegen. Diese nehme ich nicht nur mit dem Blindenstock wahr, sondern auch akustisch. Einmal unter den Füßen, und dann durch das Rascheln, wenn es windig ist. Auch das sind veränderte Bedingungen für die Orientierung im Straßenverkehr. Zu viele Blätter unter den Füßen und damit auch unter der Spitze meines Stocks machen es mir schwerer die Ränder eines Weges schnell und sicher zu erkennen. Ich muss mich mehr konzentrieren, um nicht versehentlich auf dem Fahrradweg statt auf dem Bürgersteig zu laufen. Eine Methode, die sich immer wieder bewährt hat, ist sich an der Hauswand oder der Seite des Bürgersteigs zu orientieren, die von der Straße abgewandt ist. Allerdings muss ich hier höllisch aufpassen, da gern mal Fahrräder oder E-Roller an die Hauswand gelehnt werden. Wenn hier der Lenker waagerecht oder schräg zum Bürgersteig steht, habe ich keine Chance diesen mit dem Blindenstock zu erfassen und auszuweichen. Ich löse das für mich so, dass ich neben dem Stock die linke Hand so halte, dass sie die Körpermitte abdecken kann. Das ist dann die bessere Alternative zum Lenker im Bauch.
Mit dem Herbst kommen auch die vielen Laubbläser und Laubsauger zum Einsatz. Wenn ich diese höre, laufe ich automatisch langsamer, da es etwas schwer ist den genauen Standort dieses Geräts zu orten. Ich höre erst mal nicht gleich, ob er vor oder hinter dem Gartenzaun steht.
Mit dem Herbst kommt auch der Regen. Pfützen, in denen sich Sonnenlicht oder das Licht der Straßenlaternen spiegeln, erfordern eine Menge Aufmerksamkeit. Was ich aber gar nicht mag, das sind Pflanzen an Mauern oder Hauswänden, die nicht geschnitten werden. Diese werden bei Regen schwerer, und hängen damit tiefer runter. Und da ich diese nicht hören oder sehen kann, habe ich diese schon mal unvorbereitet im Gesicht hängen.

Mehr zu dem Thema gibt es in meinem Beitrag Orientierung im Regen nachzulesen.

Und jetzt seid Ihr dran. Was verändert sich bei Euch bei der Orientierung im Herbst? Und was mögt Ihr besonders? Ich freue mich schon auf Eure Kommentare.

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Redet weiter, wenn ich komme

Ich bin mal wieder bei Sonnenschein unterwegs. Ich liebe es, wenn es so langsam Frühling wird und die Winterjacke nicht mehr mich, sondern den Kleiderschrank wärmt. Der einzige Wermutstropfen ist, dass ich bei Sonnenschein trotz starker Sonnenbrille kaum etwas sehe. Ich kann Häuserfronten, Gartenzäune oder manchmal Autos sehen, wenn die Lichtverhältnisse stimmen, oder der Schatten im richtigen Winkel auf sie fällt. Menschen, die mir entgegenkommen sehe ich nicht mehr. Ich nehme sie entweder durch meinen Stock oder meine Ohren wahr.
Rechts von mir ist eine stark befahrene Straße, die viele leise Geräusche untergehen lässt, dennoch höre ich zwei Frauen miteinander an der Häuserwand reden. Und solange sie das tun, weiß ich wo sie stehen und kann ihnen ein Stückweit ausweichen. Doch kaum habe ich mich ihnen auf vielleicht fünf Meter angenähert, verstummen die Stimmen, und ich kann die beiden Damen nur noch erahnen. Vermutlich drücken sie sich ganz dicht an die Häuserfront, peinlich darauf bedacht nicht von mir oder meinem Stock getroffen zu werden. Die Erfahrung sagt mir, dass sie so lange dortbleiben werden, bis ich ganz sicher an ihnen vorbeigelaufen bin.
Mir ist es lieber, wenn die Leute ihr Gespräch fortsetzen, während ich an ihnen vorbeilaufe. Denn dann höre ich sie. Diese Information ist für mich wichtig, denn dann weiß ich wie weit die Menschen von mir entfernt sind und in welcher Richtung sie aus meiner Perspektive sind. Dabei ist es für mich gleich, ob sie stehen oder sich in eine bestimmte Richtung bewegen. Solange sie sprechen kann ich sie orten.
Eine andere Variante des Umgangs mit mir sind die wohlmeinenden Menschen, die mir eine Richtung angeben wie ich an ihnen oder einem bestimmten Hindernis vorbeilaufen soll. Das hilft mir nicht wirklich weiter. Erst mal wissen die Leute meist nicht wohin ich wirklich möchte, und zweitens weiß ich nicht aus wessen Perspektive die Richtungsangabe zu sehen ist. Sein rechts muss noch immer nicht mein rechts sein, somit gibt es nichts und niemanden, der mir garantiert, dass ich durch diese Richtungsangabe nicht versehentlich irgendwohin laufe, wo eine Gefahr für mich lauert.
Laufen mit dem Blindenstock im Straßenverkehr ist für mich Konzentration pur, auch wenn ich auf Wegen, die mir vertraut sind, quasi jeden Pflasterstein kenne. Orientierung bei Sonnenschein, oder Orientierung im Regen ist eine etwas verschärfte Form davon, die nur durch die Orientierung im Schnee getoppt wird. Es gibt viele blinde Menschen, die bei einem solchen Wetter sich langsamer bewegen, weil sie sich dadurch einfach sicherer fühlen. Wenn man wie ich meist recht schnell mit dem Stock unterwegs ist, dann nur, weil ich seit Jahrzehnten auf diese Art und Weise unterwegs bin. Ich kenne die Tücken der Wege, die Gefahren und meine eigenen Grenzen. Und wenn ich mal nicht weiter weiß, habe ich gelernt mir einen Weg zu suchen, nach Hilfe zu fragen, und diese exakt zu benennen.

Für diejenigen, die sich fragen was man mit dem Blindenstock alles wahrnehmen kann, und was nicht, habe ich den Beitrag Der Blindenstock in der Praxis gemacht.

Also, für alle diejenigen, die einen blinden Menschen auf sich zukommen sehen. Redet weiter, wenn wir kommen, dann wissen wir genau wo Ihr steht. Damit helft Ihr uns am besten. Und wenn wir doch mal eine andere Hilfe brauchen, dann wissen wir auch wo Ihr steht, und können Euch direkt ansprechen. In diesem Sinne, wir hören und sehen uns.

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Orientierung im Regen

Ich liebe das Geräusch, welches Regen beim Tropfen auf ein Dachfenster macht. Und ich liebe es bei einem warmen leichten Sommerregen draußen zu stehen. Die paar Tropfen, die mich erreichen, stören mich nicht, sondern tun eher gut. Und ich liebe es ganz besonders, wenn die Luft nach Regen riecht.
Regen verändert die Geräusche so, dass ich es anstrengender finde mich draußen im Straßenverkehr zu orientieren. Das Geräusch fahrender Autos auf nassem Asphalt scheint alles andere zu übertönen. Daher fühle ich mich sicherer, wenn ich in der Mitte eines Bürgersteigs laufen kann. Fahrräder sind schon ohne Regen kaum zu hören. Bei Regen kann ich sie gar nicht mehr orten. Aber auch an Hauswänden lauern Gefahren. Damit meine ich Äste und Zweige, die normalerweise so hoch sind, dass ich bequem darunter durchlaufen kann. Vom Regenwasser beschwert hängen sie so tief, dass ich sie im Gesicht oder an der Kleidung habe. Hier meine Bitte an Grundstücksbesitzer. Wenn Ihr Eure Hecke oder Baum schneidet, dann bedenkt doch, dass die Äste und Zweige bei Regen schwerer sind, und damit auch tiefer herabhängen.
Große Pfützen sind mit dem Blindenstock irgendwie noch tastbar. Bei kleineren Wasseransammlungen merke ich es erst dann, wenn ich hineingetappt bin. Das ist zwar unangenehm, jedoch für mich kein Grund mit Gummistiefeln rumzulaufen.
Wesentlich unangenehmer empfinde ich es an einer Ampel zu stehen. Gerade die blindengerechten Ampeln in meiner Heimatstadt sind so beschaffen, dass ich die Grünphase durch eine Vibrationsplatte wahrnehmen kann. Dazu muss ich die ganze Zeit am Ampelmast stehen bleiben. Und wenn dieser nun mal dicht an der Straße steht, und sich etwas Wasser angesammelt hat, werde ich auch schon mal nass, wenn ein Auto so richtig dicht am Bürgersteig an mir vorüber fährt.
„Du kannst Dir ja von jemandem helfen lassen“, war der Ratschlag einer Freundin. Tja, bei der veränderten Geräuschkulisse sind potentielle Helfer für mich kaum bis gar nicht zu orten.
Und wegen der veränderten Geräuschumgebung trage ich nur selten eine Kapuze. Denn diese verhindert, dass ich Geräusche richtig wahrnehmen kann, die für mich wichtig sind. Das gilt zum Beispiel für die Überquerung einer Straße.
Eine weitere Alternative ist die Mitnahme eines Regenschirms. Den Blindenstock in der rechten Hand, den Regenschirm in der Linken, gehe ich meinen Weg. Diese Variante kostet mich jedoch eine Menge an Konzentration. Denn mit dem Regenschirm bin ich etwas breiter als sonst. Und das in einem Bereich, den der Blindenstock nicht abdecken kann. Im Klartext heißt das, dass ich mit dem Regenschirm schon mal an Büschen oder Hausfassaden hängen bleibe. Es muss schon sehr stark regnen, damit ich mir das freiwillig antue. Solange ich nur kurze Wege habe, laufe ich einfach so durch den Regen. Und wenn dieser stark ist, warte ich an einer trockenen Stelle ab.
Auf Wegen, die mir vertraut sind, kenne ich die Stellen, an denen man einen Regenschauer abwarten kann. Problematisch wird es in fremder Umgebung. Hier ist es mir schon passiert, dass ich ein paar Meter von einem Unterstand entfernt gestanden habe. Einfach, weil ich diesen nicht sehen und hören konnte. Liebe sehende Passanten. Wenn Ihr einen blinden Menschen im Regen stehen seht, dürft Ihr ihn darauf aufmerksam machen, dass er an einer anderen Stelle trockener steht. Dann hat er die Option sich helfen zu lassen oder nicht.
Es gibt noch eine Sache, die ich richtige scheußlich finde. Wenn es regnet, die Straßen also nass sind, und die Sonne darauf scheint. Das reflektierende Sonnenlicht empfinde ich als so blendend, dass ich mich mit meinen Restsehen kaum noch orientieren kann. Damit es allzu weh tut, mache ich dann schon mal die Augen zu und verlasse mich ausschließlich auf den Blindenstock.

Und nun bin ich auf Eure Erfahrungen in den Kommentaren gespannt.