Gemeinsam mit meiner obligatorischen Tasse Kaffee am Morgen sitze ich auf dem Sofa, und lese meine Nachrichten, Zeitung usw. Unter anderem lese ich einen Beitrag, der zu Kommentaren einlädt. Also beschließe ich auch meinen Senf dazuzugeben. Ich schreibe meinen Kommentar, Trage meinen Namen und meine E-Mail-Adresse ein, und will das Ganze absenden. Da taucht ein Captcha auf, dessen Inhalt ich in ein Eingabefeld eingeben soll. Für mich heißt das so viel wie „Du bleibst draußen. Denn die meisten Programme, mit denen blinde Nutzer arbeiten, können diesen graphischen Zahlencode nicht erkennen und vorlesen. Für mich ist das eine unüberwindbare Barriere.
Das Wort Barrierefreiheit, oder auch Barrierearmut ist seit ein paar Jahren in aller Munde. Aber was eigentlich bedeutet das?
In meiner Heimatstatt entsteht ein Neubaugebiet. Und da ich neugierig bin, besuche ich eine Informationsveranstaltung. Die entsprechende Wohnungsgesellschaft preist ihre Wohnungen als barrierefrei an. Das möchte ich genauer wissen, und frage nach. Ja, die Wohnungen verfügen über ebenerdige Duschen und über einen Fahrstuhl. Das reicht aus, um diese Wohnungen als barrierefrei zu kennzeichnen. Wie ich erfahre, sind die Aufzüge nicht einmal mit einer Sprachausgabe versehen. Und die brauchen blinde Menschen, um festzustellen wo der Fahrstuhl gerade gehalten hat. Es reicht nicht aus, dass die Knöpfe im Fahrstuhl mit fühlbaren Buchstaben, oder sogar Brailleschrift gekennzeichnet sind, wenn ich nicht kontrollieren kann, wann ich den Fahrstuhl verlassen muss? Und die Devise „Blindsein macht schlank“ funktioniert auch nur bedingt. Was machen sehbehinderte Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, um mal eben in den fünften Stock zu laufen?
Barrierefrei bedeutet für jemanden mit einer Gehbehinderung etwas ganz anderes, als beispielsweise für jemanden mit einer Sehbehinderung. Während eine Stufe für einen Rollstuhlfahrer eine Barriere, also ein Hindernis darstellt, ist eine Nullabsenkung eines Bürgersteig eine für blinde Teilnehmer im Straßenverkehr. Der Rollstuhlfahrer nutzt den Aufzug, der Blinde kann ihn nur nutzen, wenn dieser mit einer Sprachausgabe versehen ist. Blinde Menschen sehen Bordsteine als Orientierungshilfe an. Rollstuhlfahrer und Nutzer eines Rollators wünschen sich eine Nullabsenkung. Da diese aber für blinde Verkehrsteilnehmer gefährlich ist, hat man sich auf eine Höhe von drei CM Höhe geeinigt. Diese ist mit dem Blindenstock tastbar, und kann auch mit einem Rollstuhl noch überwunden werden.
Hier ein paar hilfreiche Links zur Barrierefreiheit.
– Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Verena Bentele – Was ist Barrierefreiheit?
– Aktion Mensch – Barrierefreiheit Definition & Bedeutung
– Sozialverband VdK Hessen-Thüringen e.V. – Was bedeutet Barrierefreiheit?
– Bundesministerium für Umwelt – Leitfaden Barrierefreies Bauen Deutschland.
– Eine Broschüre für die baulichen Bedürfnisse blinder und sehbehinderter Personen gibt es hier.
– Sowie eine Erklärung der Unterschiede für Barrierefreiheit
Fazit: bevor man das Wort Barrierefreiheit benutzt, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass Barrieren für jede Behinderung etwas anderes darstellen. Während es für mich okay ist, wenn im Hintergrund Musik läuft, findet eine hörbehinderte Person das bei der Kommunikation eher hinderlich.
Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Maßnahmen, bei denen an Menschen mit Behinderung gedacht wird, von Menschen geplant und durchgeführt werden, die über ein unzureichendes Wissen verfügen. Das muss nicht sein. Denn die Behindertenverbände sind hier Experten in eigener Sache, und können kompetente Hilfe leisten. „Mit uns, und nicht über uns“, sollte die Devise sein. Dann haben alle Beteiligten etwas davon. Und es werden nicht sinnlos Gelder für unsinnige Projekte verschwendet, die an anderer Stelle effektiver eingesetzt werden können.