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Haushaltsgeräte blind bedienen

Gärend der Kauf einer Waschmaschine früher unkompliziert für mich war, ist es heute eine Herausforderung.

1996 zog ich in eine eigene Wohnung. Und zum ersten Mal stellte sich die Frage nach dem Kauf einer Waschmaschine. Also fuhr ich mit einem Bekannten in ein entsprechendes Geschäft, suchte mir ein Gerät aus, welches mein Bankkonto genehmigte, und welches mir gefiel, und fertig. Die Maschine hatte zwei Drehregler, einen für die Temperatur und einen für die Schleuderzahl. Und dann waren noch ein paar Knöpfe, die man für Vorwäsche, Kurzwaschgang usw. drücken konnte.
Als ich heiratete, zog eine Spülmaschine bei uns ein. Diese hatte einen Drehregler, mit dessen Hilfe man das Programm festlegen konnte. Dieser hatte eine fühlbare Struktur, so dass ich das „gewünschte Programm“ selbst einstellen konnte.
So ähnlich war auch mein Herd beschaffen, der mich viele Jahre begleitet hat. Er besaß vier Kochplatten, die jeweils einen Drehregler hatten. Und zwar so, dass eine eindeutige Stellung für die jeweilige Temperatur erkennbar war. Ich brauchte also nicht zu sehen, um ihn gezielt einzustellen. Ebenso hatte der Backofen zwei Regler. Der eine legte die Backtemperatur fest, der andere schaltete zwischen Heißluft usw. um.
Unsere Mikrowelle hatte drei Regler, die man drehen konnte. Einen für die Power, einen für die Zeit, und einen, um das Programm einzustellen. Anfangs brachte ich fühlbare Pfeile aus Dymoband an. Später brauchte ich diese nicht mehr, weil ich das Gerät sehr gut kannte.
2005 brauchten wir eine neue Waschmaschine. Jetzt sah die Suche ganz anders aus. Auf der Suche bekam ich viele Maschinen zu sehen, die Menügesteuert waren, keine eindeutigen Knöpfe hatten, oder andere Tücken hatten. Damals kannte ich einen Händler, der gebrauchte Geräte aufarbeitete und verkaufte. So bekam ich noch eine Maschine, die ich eigenständig bedienen konnte, und die für einen guten Preis zu haben war. Ähnlich schwer gestaltete sich ein paar Jahre später die Suche nach einer Spülmaschine, die ohne eine displaygeführte Steuerung auskam.
Als meine Waschmaschine vor zwei Jahren unerwartet das Zeitliche segnete, stand ich vor einem echten Problem. Woher sollte ich eine Waschmaschine bekommen, die ich bedienen konnte? Die meisten neuen Modelle arbeiten mit einem Menü oder mit Tasten, die nicht fühlbar sind, oder auf bloße Berührung reagieren. Es gibt nur wenige Hersteller, deren Geräte für blinde Menschen bedienbar sind. Und so dauerte die Suche etliche Tage, bis ich eine Waschmaschine gefunden hatte.
Während ich mir 1996 die Maschine nach Preis und Geschmack aussuchen konnte, habe ich heute, mehr als 20 Jahre danach, nur eine eingeschränkte Auswahl. Dieses Problem zieht sich durch alle möglichen Haushaltsgeräte. Ich kann also nicht einfach in ein Küchenstudio, einen Baumarkt oder Fachgeschäft für Haushaltsgeräte gehen, mir eines aussuchen und gut. Für mich spielt in erster Linie die Zugänglichkeit zu den Funktionen eine entscheidende Rolle.
Für mich sind Geräte mit eindeutig zugeordneten Funktionen wichtig. Wenn ich den Knopf X drücke, löse ich eine bestimmte Funktion aus. Wenn der Regler mit der Spitze nach oben steht, habe ich das Programm XY angewählt. Und wenn ich die Maschine einschalte, stehen alle Regler auf derselben Stellung, die ich mir einmal einpräge.
Eine Alternative für mich ist eine Bedienung durch ein Smartphone. Diese setzt aber voraus, dass die entsprechende App barrierearm programmiert wurde, und somit von einem Screen Reader ausgelesen werden kann.

Mit diesem Text nehme ich an der Blogparade der Bloggerkollegen von Anders und doch gleich zum Thema Wie Technik mein Leben verändert teil. Zu diesem Thema habe ich bereits den Beitrag Wie Technik mein Leben verändert hat geschrieben.

Und wie sehen Eure Haushaltsgeräte aus? Haben sie drehbare Regler, eine Menüsteuerung oder Tasten, die sofort auf Berührung reagieren? Schreibt das einfach mal in die Kommentare.

Von lydiaswelt

Ich bin blinde Mutter von zwei Kindern. Beiträge aus meinem Alltag und dem meiner Gastautoren finden hier eine Plattform.

11 Antworten auf „Haushaltsgeräte blind bedienen“

Hallo Lydia,
ich kann Dir mal wieder nur zustimmen, mit Ausnahme der
Smartphonebedienung 😉 Ich will nicht, dass meine Waschmaschine online
geht, Punkt! Vor ein paar Jahren habe ich mal überlegt, mir einen
Induktionsherd zuzulegen. Nachdem ich feststellte, dass es nur einen
einzigen Hersteller gibt, der keine Touchscreenbedienung verbastelt, und
dieser eine Hersteller trotzdem keine wirklich angenehm und logisch
bedienbaren Geräte baute, habe ich von dieser Idee ganz schnell wieder
Abstand genommen. Der alte, vom Vorbewohner meines Hauses übernommene
Herd mit Ceranfeld ist zwar Mist, um Töpfe genau zu positionieren, weil
die Herdplatten ja nicht ertastbar sind, aber ansonsten kann ich das
Ding mit Drehreglern und klaren Einrastpositionen wenigstens unfallfrei
bedienen.
Momentan mache ich mir echte Sorgen, weil meine Waschmaschine
Ausfallerscheinungen zeigt. Um eine neue Spülmaschine müsste ich mich
auch schon seit Monaten kümmern. Aber aus genau den von Dir
geschilderten Gründen graust es mir absolut davor und ich werde wohl
auch als erstes den Laden mit den aufgearbeiteten Gebrauchtgeräten
konsultieren.
Wie stellen die Hersteller sich das vor? Sollen sehbehinderte und blinde
Menschen einfach ihren Haushalt nicht mehr selbst führen können und noch
mehr als eh schon wegen jedem Mist auf Hilfe angewiesen sein? Über die
so erzeugte Abhängigkeit macht sich niemand Gedanken und wir bräuchten
wohl eine deutlich stärkere Lobby, die das Problem überhaupt erstmal in
die Köpfe bringt.
liebe Grüße
Lea

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Etwas zu der Lobby. Ich bin Epileptiker und kann eure Schwierigkeiten nur verstehen wenn ihr sie beschreibt. Wir müssen uns aber gegenseitig verstehen, damit wir uns vielleicht auch helfen können. Was für andere Waschmaschine, alls Beispiel, benötigt wird ist einfach zu erklären. Es muss ein Vorteil für alle Menschen sein und dadurch muss die Käufergruppe entsprechend groß sein. Dann reagiert auch die Wirtschaft.

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Hallo Lydia, ich bin sehend, wie du weißt. Aber ich habe auch lieber Knöpfe zum bedienen. Meinen Backofen liebe ich; er hat versenkbare Knöpfe mit denen ich die Betriebsart einerseits und die Temperatur andererseits einstellen kann. Timer und Vorsteuerung sind digital. Aber letzteres brauche ich eh nie. Mein Kochfeld ist voll digital und ich hasse es! Die ewige Herumtipperei ätzt und wenn ich mal daneben tippe geht das Kochfeld ins Tilt, oder die Kindersicherung ist plötzlich drin oder was weiss ich. Ich möchte doch nur kochen und das blöde Ding versteht das nicht, sondern möchte mir wohl zeigen, was es alles kann. Dieses Gerät weiss es nicht, aber es steht auf der Abschussrampe! auf 😉Liebe Grüsse, Suzy

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Hi, stimme Deinen Ausführungen komplett zu. Gerade zuletzt haben wir uns einen neuen Cafévollautomaten gekauft, der nur aus einem Touchscreen und 2 Knöpfen besteht. Aber die App ist super barrierefrei und somit für mich bedienbar. Bei unserer Waschmaschine kleben Klebepunkte auf dem Touchscreen wo es geht. Ansonsten erstelle ich mir Beidenungslisten im Organizer. Es ist gut, dass mittlerweile die Barrierefreiheit auch bei privaten Unternehmen etwas mehr gehör gefunden hat. Nichtsdesto trotz sind wir eine kleine Gruppe, die sieses problem hat und somit eine Minderheit. Uns könnte in Zukunft noch die älterwerdene Gesellschaft helfen (mehr Bedienung per Sprache möglich). Es ist wichtig, dass wir den Herstellern und Programmierernimmer wieder verdeutlichen, wo unsere probleme sind. Ich schreibe diesbezüglich auch öfters App-Entwickler an, teilweise mit großem Erfolg. VG Gaby

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Hallo Dagmar, die ist von Ikea. Allerdings ist die schon bisschen älter. Lagan und Rengöra sehen vom Bedienfeld her ähnlich aus. Viele Grüße von Maryme

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Ich fange mit dem Backofen und Kochfeld an, der von Miele ist, aber locker 20 Jahre alt ist. Es ist ein Ceran-Kochfeld, mit dem ich mich recht schnell zusammengefunden habe. Die Schalter sind alle Drehregler. Die Kochfeld-Schalter haben zwar keine Rasterung, aber mit Markierungspunkten versehen sind die gut nutzbar. Ebenso habe ich den Temperaturregler und den Funktionsschalter für den Backofen mit Dymoband beschriftet bzw. mit Punkten versehen. Der Funktionsschalter hat eine fühlbare Rasterung.
Bei der Spühlmaschine war der Kauf schon schwieriger, aber ich habe von Miele eine gefunden, die zwar mit einem LCD-Display ausgestattet ist. Die Programme werden aber mittels zweier Plus-/Minus-Tasten eingestellt. Bei jedem Druck wird eine andere LED belecuhtet. Nach dem ich die Positionen mit Dymoband beschriftet habe, konnte ich mit Hilfe eines Lichterkennungsgerätes die Position der leuchtenden LED ermitteln. Gleiches gilt für die Zustände für Salz und Klarspüler, die untereinander angeordnet sind. Und auch hier habe ich die entsprechenden LED-Positionen mit Dymoband beschriftet.
Im Augenblick bin ich froh, das beide bzw. alle drei Geräte noch funktionieren.
Als meine Mutter vor etwa 5 Jahren oder so eine neue Waschmaschine brauchte, haben wir von Miele das Modell gewält, das eine Markierungsschablone hat, die aufgeklebt wird. Allerdings sind hier die Beschriftungen nicht selbsterklärend. Die Funktionen sind durchnummeriert. Die Tasten sind aber gut fühlbar. Beim Schleudern, wenn man das extra ändern will muss man beim Tippen zäühlen… Aber ich muss schon auf den Erläuterungszettel schauen um die Waschmaschine korrekt einzustellen. Gut, man wählt sicher nicht jedes Mal einene andere Waschoption oder so, aber das finde ich schon nicht so schön, aber es ist nutzbar.
Beim Kaffeekochen bin ich auf Handbetrieb umgestiegen. Alsoo ich erhitze Wasser im Wasserkocher und brühe mit einem normalen Porzelanfilter auf. Oder ich nutze as Mokkakännchen für den herd oder die Espresso-Kanne, ebenfalls für den Herd.

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[…] Es ist so eine Erleichterung, sich von kapitalistischem Balast zu befreien! 😉 Wenn schon meine Waschmaschine das derartig genießt, wie gut mag es erst der ganzen Welt tun? Und ganz nebenbei ist es großartig, dass sich nicht nur die Reparatur sondern vor allem die schon befürchtete Neuanschaffung erübrigt hat. Neue, barrierefrei bedienbare Haushaltsgeräte zu kaufen, ist für blinde Menschen wie mich heutzutage eine echte Herausforderung, wie Lydia kürzlich in einem sehr guten Blogbeitrag schilderte. […]

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