In diesem Jahr wollten wir eine andere Form von Urlaub ausprobieren, nämlich eine Woche Kreuzfahrt auf dem Mittelmeer. Der Anbieter Costa Cruises wirbt damit, dass blinde Menschen mit dem Merkzeichen B eine Begleitperson kostenlos mitnehmen dürfen. Für diese Begleitung entstehen lediglich die Transfer- und flugkosten. Entsprechend wurden wir an der Hotline von einem Mitarbeiter beraten. Wir buchten für uns Erwachsene mit jeweils einem Kind als Begleitperson. Die Kinder waren zum Zeitpunkt siebzehneinhalb und fast 19 Jahre alt.
Vier Tage später kam die Ernüchterung. Unser Sohn wurde nicht als Begleitperson akzeptiert, da er noch nicht volljährig ist. Der Reiseanbieter verlangte von uns eine volljährige Begleitperson für jeden Blinden mitzunehmen, oder die Reise zu verschieben, bis unser Sohn volljährig sein wird.
Ich habe über einen Zeitraum von einer Woche mehrere E-Mails geschrieben, um die Mitarbeiter zum Umdenken zu bewegen. Danach habe ich die Reise storniert.
Costa Cruises verlangt für blinde, gehörlose und gehbehinderte Reisende eine volljährige und gesunde Begleitperson. Diese muss mit dem behinderten Gast gemeinsam in einer barrierefreien Kabine reisen. Der Anbieter begründet das wie folgt: Im Fall einer medizinischen Notausschiffung muss die Begleitperson in der Lage sein für den behinderten Reisenden die entsprechenden Dokumente zu unterzeichnen. Hier ein Einblick in die Reisebedingungen für Menschen mit Behinderung bei Costa Cruises.
Welche Hilfe brauchen mein Mann und ich?
- Hilfe beim Erlernen neuer Wegstrecken
- Hilfe beim Zusammenstellen der Mahlzeit auf einem Büfett.
- Hilfe beim Lesen von Aushängen.
- Hilfe bei der Orientierung auf neuen Wegstrecken.
Bei diesen Aufgaben handelt die Begleitperson nach meinen Anweisungen. Sie trägt also keinerlei Verantwortung, die eine Volljährigkeit voraussetzt.
Meine Kinder mussten bisher noch nie Dokumente für meinen Mann und mich unterschreiben. Dürfen sie auch nicht. Es sei denn, sie haben eine entsprechende Vollmacht von uns. Ich brauche weder eine Betreuung, noch eine Pflegekraft. Ich brauche lediglich hin und wieder jemanden, der mir quasi ein Auge leiht.
Blinde werden diskriminiert.
Bei mir sind es nur die Augen, die nicht funktionieren. Ich weiß was ich kann, und wo meine Grenzen sind. Ich habe eine sichtbare Sinnesbehinderung, daher empfinde ich es als Diskriminierung, wenn mich der Reiseanbieter auf dieselbe Stufe stellt, wie ein minderjähriges Kind. Bei Senioren wird doch auch nicht gefragt, ob diese körperlich in guter Verfassung sind. Und was ist mit Passagieren, die ihre Erkrankung nicht angeben? Was ist mit Passagieren, die aufgrund von Alkohol- oder dem Einfluss von Medikamenten stehen?
Was ich gern möchte
Ich möchte gern an die Öffentlichkeit bringen, dass dieser Reiseanbieter zwar damit wirbt Menschen mit Behinderung mit dem Merkzeichen B im Schwerbehindertenausweis die kostenlose Mitnahme einer Begleitperson zu gewähren, jedoch diese quasi entmündigt. Inklusion sieht anders aus.
Doch nicht nur Costa Cruises legt ein solches Verhalten an den Tag. Auch Der Anbieter TUI Cruises verbietet unserem Personenkreis das Tendern. Das heißt, dass blinde, gehörlose und körperlich eingeschränkte Passagiere an Bord bleiben müssen, wenn an kleineren Häfen angelegt wird, und der Umstieg auf kleinere Boote erforderlich ist. Hier kann man die Bedingungen zum Landgang für Menschen mit Behinderung nachlesen. Auch hier besteht der Anbieter auf eine volljährige Begleitperson in der barrierefreien Kabine. Trotz mehrfacher Versuche den Anbieter zum Umdenken zu bewegen erweist auch er sich als hartnäckig lernresistent.
17 Antworten auf „Kreuzfahrtanbieter diskriminiert blinde Fahrgäste“
Unglaublich! Die erwarten eine volljährige Begleitperson, die zudem auch noch in derselben Kabine nächtigen soll!? Was wäre, wenn ihr ganz normal für 2+2 gebucht hättet? Würden sie euch an Land lassen, da ihr ja keine volljährigen „Augen“ dabei hättet?
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Die würden uns gar nicht erst mitnehmen, da Blinde ausschließlich mit volljähriger Begleitperson mitfahren dürfen.
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Behinderte werden offenbar behindert!
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Ich weiß, wir haben darüber schon einmal diskutiert, ich finde sehr, sehr mutig, was du hier tust/schreibst, denn in Wirklichkeit ist es sicher massiv an der Grenze an übler Nachrede, denn dein Sohn wurde nicht mitgenommen, gratis, weil er dafür ein Faktum nicht erfüllt: Volljährigkeit.
Es wäre schließlich auch keine Diskriminierung, wenn unsere Kinder anstelle von uns nicht Autofahren dürfen, schließlich sind sie ja noch nicht 18…
Die Diskriminierung sehe ich da wirklich absolut nicht, beziehungsweise würde ich mich wirklich gut erkundigen, ob du hier nicht in übler Nachrede endest.
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Hier geht es nicht um kostenlose Mitnahme, sondern um die Volljährigkeit. Und was die „üble Nachrede“ angeht, so kann ich die von mir getätigten Aussagen lückenlos belegen.
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Du hast vollkommen Recht. Wenn Passagiere sturz betrunken sind, werden sie nicht entmündigt. Wenn sie Krankheiten verschweigen ebenfalls nicht. Wenn Jemand mit Gibsarm oder Gibsbein an Bord ist, wird er wie ein „vollwertiger Mensch“ behandelt. Aber hat mann eine Behinderung ist man automatisch unfähig selbst zu entscheiden. Es ist noch ein langer Weg bis unsere Gesellschaft den Schritt vom denken zum nachdenken schaffen wird.
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Hast du zum Vergleich auch bei anderen Anbietern angefragt? So wäre es ein Leichtes gewesen, herausfinden, ob dies nur dieser Anbieter macht, oder dies üblich ist…
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Ich weiß von diesen beiden Anbietern. Ich weiß aber auch von anderen Anbietern, die das nicht so machen.
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D.h., du hättest im Prinzip auch die Möglichkeit gehabt, einen anderen Anbieter zu wählen, der das schon mach, wie du dir das vorstellst?
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Wäre es seitens des Kreuzfahrtanbieters möglich gewesen, die Reise auch ohne Begleitperson anzutreten? Oder muss man eine Begleitperson mitnehmen?
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Generell werden Blinde nur mit volljähriger Begleitperson mitgenommen.
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Da möchte ich gerne widersprechen. Auf den Hurtigruten (original Postschiffreise) war meine Sehbehinderung (fast blind) kein Problem. Ich reiste ganz alleine in einer normalen Kabine und habe auch nicht auf Landausflüge verzichtet.
OK beim Check-in gab’s dann schon mal eine heftige Diskussion. Allerdings hatte die Mitarbeiterin nicht damit gerechnet, dass ich mich mit ihr in Landessprache unterhalten kann und das ganze endete mit einer Entschuldigung und einem Upgrade für mich 🙂
Die Reise an sich verlief ohne jegliche Probleme und der Unterstützungsbedarf war erwartungsgemäss = 0. Mir wurde zwar seitens der Crew immer wieder Hilfe angeboten, diese konnte ich aber dankend ablehnen.
Einige Mitreisende haben natürlich mitgekriegt, was da beim Check-in abgelaufen ist und haben die Crew (und auch mich) darauf angesprochen. Ich denke die gegenseitigen Feedbacks haben allen gut getan und aufgezeigt dass Probleme auch nur in den Köpfen bestehen können.
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Ich freue mich, das Du einen Reiseanbieter hattest, der damit kein Problem hat. Die meisten Anbieter haben das, was ich geschildert habe, in ihren AGBs stehen.
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Aber wo steht denn, dass man unbedingt eine Begleitperson mitnehmen muss? Ich habe nichts davon in den Bedingungen gefunden… Dein Link der das angeblich belegen soll führt zu keiner Seite. Es heißt nur, Seite wurde nicht gefunden…
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[…] interessanten Staub unter Betroffenen hat der Artikel aufgewirbelt, in dem es darum ging, das eigene Kind nicht als Begleitperson und […]
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[…] reisen dürfen, wenn wir eine zusätzliche volljährige Begleitung mitgenommen hätten. Unter Kreuzfahrtanbieter diskriminiert blinde Fahrgäste habe ich darüber geschrieben. Denn ich bin in erster Linie Mutter meiner Kinder. Und […]
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[…] auf einer Kreuzfahrt nur bei Mitnahme einer volljährigen Begleitperson reisen dürfen (siehe „Kreuzfahrtanbieter diskriminiert blinde Fahrgästet“), die in derselben Kabine reist. Weiter wünsche ich mir, dass sehende Menschen nicht für mich […]
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