Blindengeld bekommen Personen, die dem Gesetz nach blind sind. Das sind Menschen, die höchstens zwei Prozent auf dem besseren Auge sehen können. Dieses Geld ist als Nachteilsausgleich für blindheitsbedingte Mehraufwändungen vorgesehen. Da die Regelung Ländersache ist, unterscheidet sich die Höhe der Summe von Bundesland zu Bundesland.
Was sind blindheitsbedingte Mehraufwändungen?
Das sind Kosten, die aufgrund einer Sehbehinderung anfallen. Das kann die Anschaffung eines Hilfsmittels sein, eine Begleitung auf einen Ausflug oder eine Hilfe im Haushalt. Blinde Menschen sind so vielseitig wie ihre Bedürfnisse. Daher bestimmt jeder selbst wie er dieses Geld für sich und für mehr Lebensqualität einsetzt.
Hier in Hessen wird dieses Geld durch den Landeswohlfahrtsverband Hessen, LWV ausgezahlt. Diese Behörde verlangt alle zwei Jahre eine Lebensbescheinigung, die man beispielsweise beim Hausarzt, der Bank oder dem Einwohnermeldeamt bekommt. Unter Anderem wird einem auch die Frage gestellt, ob man sich während der letzten 18 Monate einer Augenoperation unterzogen hat. Wenn ja, dann wird es so richtig schön bürokratisch.
Im Frühjahr 2018 wurde bei mir eine Hornhauttransplantation am Auge durchgeführt. Einen Monat später wurde ich, wie alle zwei Jahre, aufgefordert nachzuweisen, dass ich noch am Leben bin. Die Frage, ob während der letzten 18 Monate eine Augenoperation durchgeführt wurde, beantwortete ich wahrheitsgemäß mit einem ja. Das beiliegende Formular übergab ich meinem Augenarzt, damit er es ausfüllte. Dieser bestätigte, dass meine Sehschärfe noch immer klein genug ist, um die Voraussetzungen für das Blindsein zu erfüllen. Dieses schickte ich unterschrieben zurück. Daraufhin bekam ich ein dickes Formular, welches der Augenarzt noch mal ausfüllen sollte. Das muss bis Juli eingegangen sein. Sonst wird mir das Landesblindengeld nicht weiter bewilligt.
In den vergangenen Jahren habe ich mich mehreren Operationen unterzogen. Bei jeder einzelnen waren die Ärzte und ich uns einig, dass sich mein Sehen nicht wesentlich verbessern wird. Bei einigen Operationen war es erforderlich, dass nach sechs, zwölf oder achtzehn Monaten Fäden entfernt werden müssen. Ich habe Nystagmus. Das heißt, dass meine Augen unkontrolliert zittern. Daher werden solche Eingriffe unter Vollnarkose durchgeführt. Das ruft wieder die Behörde auf den Plan, da die das als Operation zählen. Ich muss also nach jedem solchen Eingriff den Beweis erbringen, dass ich noch immer blind genug für die Leistung Blindengeld bin.
Eins steht fest. Nämlich dass manche Behörden an Spontanheilung glauben. Fäden aus einer transplantierten Hornhaut entfernen, und Schwups ist die Blindheit weg. Mir und meinem Augenarzt ist kein einziger Fall bekannt, bei dem allein durch das Entfernen von Fäden ein blinder Patient wieder so viel gesehen hat, dass der den Status blind verliert.
Ich habe Verständnis dafür, dass von Zeit zu Zeit geprüft wird, ob die Person, die Blindengeld bezieht, noch am Leben ist. Schließlich wurde auch hier bereits schon Missbrauch getrieben. Ich habe auch Verständnis dafür, dass man nach einer OP den Visus vom Augenarzt feststellen und angeben muss. Wofür dann aber noch so ein dickes Formular durch den Augenarzt ausgefüllt werden muss, ist mir schleierhaft. Und erst recht, dass nach einem Entfernen von Fäden der erneute Beweis für die noch Blindheit angetreten werden muss. Das empfinde ich als unnötigen Stress für alle Beteiligten.
2 Antworten auf „Behörde glaubt an Spontanheilung“
Genau dieses Problem beobachte ich seit langer Zeit, die Behörden sind angetreten behinderten Menschen immer wieder Probleme zu machen, sie zu behindern, statt für sie da zu sein. Jeder Behinderte muss meist lange widersprüche durchstehen, um seinem Recht zu bekommen. Die Mitarbeiter diskriminieren regelrecht behinderte Menschen. Die machen schon mal aus Taubheit eine Schwerhörigkeit, Menschen die keine 100 m laufen können weil Herz Lunge und Atem fehlt, wird unterstellt, sie könnten noch 2Km laufen und bekommen keine Parkerleichterung, weil sie noch beide Beine haben! jedoch trotzdem nicht laufen können. Mein Antrag als Rollstuhlfahrer auf Parkerleichterung wurde nach „nur“ 22 Monaten abgelehnt.
Das LaGeso in Berlin, viele Jahre von der SPD beherrscht und heute von Den Linken. Eine Änderung ist nicht festzustellen.
Immer schöne Sonntagsreden, aber wenn es um Nachteilausgleich geht, sind die Behiunderten im Weg und werden diskriminiert.
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Leider neigen bürokratische Systeme zur Abkopplung von der Lebenswirklichkeit der Menschen.
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