Sport ist wichtig, um seinen Körper kennenzulernen und Bewegungsabläufe zu verinnerlichen. Kinder müssen überall hochklettern, balancieren oder springen. Das gilt auch für Kinder mit einer Behinderung. Dennoch werden diese gern mal in Watte gepackt. Dahinter steht die Angst der meisten Angehörigen, dass sich das Kind verletzen könnte. Ich habe blinde Kinder erlebt, die ohne sehende Begleitung nicht einen Schritt allein tun konnten. Das hat mich zu diesem Beitrag inspiriert.
Mit neun Jahren kam ich in eine Schule für blinde Kinder. In meinem Beitrag „Mein erster Tag an der Blindenschule“ hatte ich über die Eindrücke geschrieben. Wir waren zehn Schüler, die von einer Lehrkraft unterrichtet wurden. Das war auch im Sportunterricht so. Wir hatten eine gut ausgestattete Turnhalle, wie es sie auch an einer Regelschule gibt. Und auch hier hatten wir Geräteturnen, kletterten an Stangen hoch oder balancierten auf Bänken. Ebenso wurde bei uns Ball gespielt. Dieser war mit einem Material gefüllt, das in zum Klingen brachte. Diese Bälle gibt es in unterschiedlichen Größen. Neben dem klassischen Turnunterricht hatten wir durchgehend Schwimmen. Das fand in einem Schwimmbad außerhalb der Schule statt.
Ab dem fünften Schuljahr bekamen wir Unterricht in Leichtathletik. Zu diesem Zweck wurde die Klasse aufgeteilt. Da man einem blinden Schüler manche Dinge zeigen muss, war das eine gute Lösung. So stand 100 Meterlauf genauso auf unserem Programm wie Weitsprung oder Hochsprung.
Zu Beginn des sechsten Schuljahrs bot ein Lehrer eine AG für Judo an. Ich meldete mich an. Unser Kursleiter erklärte uns jeden neuen Schritt. Und wenn jemand das nicht verstand, bekam er es gezeigt.
Zu Beginn des siebten Schuljahrs wechselte ich die Schule. Ich besuchte die Blista in Marburg. Hier war das Sportangebot um einiges reichhaltiger als ich es bisher kannte.
In der siebten Klasse hatten wir im ersten Halbjahr Voltigieren, um ein Gefühl für das Pferd zu bekommen. Im zweiten Halbjahr durften wir dann reiten lernen.
Das achte Schuljahr brachte Konditionstraining mit sich. Damit bereiteten wir uns auf eine Ruderfreizeit vor, die im zweiten Halbjahr stattfand. Wir sollten mit Tandems hinfahren. Außerdem hatten wir Tanzen und im zweiten Halbjahr rudern.
Mitte des neunten Schuljahrs stand eine Skifreizeit auf dem Lehrplan. Daher hatten wir Skigymnastik und das Thema „rollen, gleiten, balancieren“ als Unterrichtseinheiten. Außerdem hatten wir noch ein Wahlpflichtfach Sport. Es wurden Dinge wie Rhönrad, Trampolin springen, Ballsport usw. angeboten.
Das Motto der Schule war, dass man so viel wie möglich ausprobieren durfte. Denn nur so bekam man ein gutes Körpergefühl. Unsere Sportlehrer waren stets engagiert und auf der Suche nach neuen Ideen. Von Kampfsport bis Leichtathletik war alles dabei. Und nein, es gab nicht mehr Verletzungen als bei Kindern in einer Regelschule.
Nach dem Abitur habe ich nicht mehr so viel Sport gemacht. Es gab zu wenig Angebote. Außerdem war meine Faulheit dafür verantwortlich, dass ich mich nicht weiter umgesehen habe. Irgendwann bin ich mit zwei Fahrrad begeisterten freunden Tandem gefahren. Das hat mir viel Spaß gemacht. Aber das ist inzwischen einige Jahre her.
Seit Sommer 2017 habe ich Showdown für mich entdeckt. Das ist eine Inklusive Sportart, die sowohl von Blinden als auch Sehenden Spielern gespielt werden kann. Showdown wird ausschließlich nach Gehör mit einem akustischen Ball gespielt. In meinem Beitrag „Showdown, Sport für blinde und Sehende“ erkläre ich wie das geht.
Die Frage sollte nicht heißen „Können blinde Menschen Sport machen“, sondern „Was braucht es, damit blinde am Sportangebot teilnehmen können“?
So, das waren jetzt meine Erfahrungen mit dem Sport. Jetzt bin ich auf Eure gespannt.
5 Antworten auf „Schulsport an der Blindenschule“
finde das echt klasse, Kinder allgemein werden an der Schule zu wenig an Sport heran geführt…oft ein Fach, was ausfällt
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Was du alles testen konntest in der Kindheit ist phänomenal, und auch extrem wichtig um sich auszutreten, noch viel wichtiger als bei sehenden Kindern, die oft nur einen kleinen Bruchteil dessen kennenlernen, aber die haben eben auch ganz andere Ausgleichsmöglchkeiten. Dein Showdown Link klappt momentan leider nicht, führt ins Nirwana, aber der Sport ist toll, da würde ich gern mitmachen,… hab ich bislang nur für Sehende auf Platten gespielt die ein Luftkissen für die Spielscheibe rausblasen, da werden dann die Scheiben ins Tor hin und hergeschossen, was jung und alt immer echt irre Spass macht!
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Auszutesten natürlich,…
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Ich kann mich noch gut an die Skatsessions 1997 erinnern, wo ich Spielkarten für Blinde kennen gelernt habe. Leider ist Skat bei mir komplett eingeschlafen…
Showdown muß ich mir in der Praxis umbedingt mal anschauen. Erdin hatte darüber mal ein Video gemacht und mich damit ‚angefixt‘.
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[…] gab es an der Blindenschule ein umfangreiches Musikangebot. Aber es gab auch ein vielfältiges Sportangebot, Kunst, Debattierkreise und naturwissenschaftliche AGs, sowie in anderen Schulen […]
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