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KVG-Hopper, wenn Du sehen kannst, darfst Du mit

Um Kosten für Buslinien zu sparen, die ohnehin kaum jemand nutzt, wurde in Neu-Isenburg der KVG-Hopper eingeführt. Ein modernes, cleveres Konzept – zumindest auf dem Papier. Kleine Elektrofahrzeuge sollten die herkömmlichen Bushaltestellen und zahlreiche virtuelle Haltepunkte in der Stadt anfahren. Die Fahrten optimiert, versteht sich, ein Algorithmus. Klingt effizient, oder?

 

Die Fahrzeuge kann man per App oder – für Nostalgiker – telefonisch bestellen. So spart man in den Randzeiten und an Sonn- und Feiertagen gleich mal die Linienbusse ein. Fortschritt à la Kommunalverkehr.

 

Die erste App allerdings war für blinde Menschen ungefähr so benutzerfreundlich wie ein Touchscreen im Dunkeln. Trotzdem wurde der Hopper als „barrierefrei“ beworben – ein Etikett, das offenbar ziemlich dehnbar ist. Irgendwann wechselte der Anbieter, und mit ihm kam eine neue App. Die war immerhin halbwegs bedienbar. Und so begann mein kleines Abenteuer mit dem KVG-Hopper.

 

Gerade in den Randzeiten ist die App praktisch alternativlos. Gibt man – sagen wir – von Neu-Isenburg Bahnhof  sein Ziel ein, wirft sie einem mehrere Routen aus. Dann heißt es: schnell sein! Innerhalb weniger Sekunden muss man alles erfassen und bestätigen, sonst heißt es von vorn. Ich beherrsche mein Smartphone durchaus, aber der Hopper-App ist das egal – sie testet offenbar, wie viele Finger man gleichzeitig und wie hektisch über den Bildschirm jagen kann. Gepaart mit meiner Sprachausgabe gleicht das einem Reaktionstest in

 

Hat man das Kunststück schließlich geschafft und eine Fahrt gebucht, wartet schon die nächste Prüfung. Im Profil kann man zwar angeben, dass man eine Sehbehinderung hat – allerdings dient das nur der Statistik. Eine Möglichkeit, der Fahrkraft mitzuteilen, dass man blind ist und bitte angesprochen werden möchte? Fehlanzeige. Wo der Hopper hält, entscheidet der Algorithmus – und der liebt Überraschungen. Mal steht das Fahrzeug auf der anderen Straßenseite, mal irgendwo, wo gerade kein Mensch weit und breit zu sehen ist.

 

Einige Fahrer bestätigten mir übrigens, dass sie gar nicht wüssten, dass Menschen mit einem weißen Langstock blind sind. Da hilft nur eins: selbst aktiv werden und Passanten um Hilfe bitten. Wenn denn welche da sind. Und das Beste: Für diesen Nervenkitzel zahle ich pro Fahrt 1,50 € „Komfortzuschlag“. Komfort – das ist wohl Ansichtssache.

 

Beim Aussteigen das gleiche Spiel. Der Haltepunkt hängt davon ab, wohin das Fahrzeug als Nächstes muss. Ich nenne das: Blindflug mit System.

 

Seit über zwei Jahren schlage ich mich nun mit diesem Hopper herum. Für mich ist er weniger ein Verkehrsmittel als ein Stressfaktor mit Elektroantrieb. Trotz unzähliger Rückmeldungen ist alles beim Alten geblieben. Immerhin hat man für mich eine „Einzellösung“ gefunden – ich darf als Telefonkundin buchen und bekomme klare Start- und Zieladressen. Nett gemeint, aber nicht wirklich nachhaltig. Und ob die Fahrer das immer wissen? Nun ja – neulich stand ich an einer genau definierten Adresse und sollte dem Fahrer telefonisch erklären, wie er mich findet. Zum Glück hatte ich keinen Zeitdruck.

  Vielleicht denken die Verantwortlichen des KVG-Hopper ja irgendwann einmal an Menschen mit Sehbehinderung – und ans Barrierefreiheitsstärkungsgesetz. Bis dahin bleibt der Hopper für mich ein Sinnbild moderner Mobilität: digital, elektrisch, algorithmisch – und leider nur bedingt zugänglich für alle.