Das Foto zeigt mich vor einer Sonnenuhr.
Ich werde oft gefragt wer mir den Haushalt macht oder ob meine Kinder mir viel helfen. Daher habe ich mal über einen Morgen eines Großkampftags geschrieben. Vor allem die Eltern unter Euch können anschließend selbst beurteilen inwieweit sich Euer Alltag von meinem Unterscheidet, und wie viel wir gemeinsam haben.
Halb sieben Uhr morgens. Normalerweise hätte ich noch etwas Zeit, bis mein Tagewerk beginnt. Aber nicht an diesem Tag. Mein Sohn Grillt heute mit seiner Klasse und hat sich verpflichtet einen Kuskussalat mitzubringen. Und wer bereitet diesen zu? Mama natürlich. Und weil der frisch sein muss, passiert das früh morgens. Denn heute Vormittag habe ich versprochen einen Workshop zu halten. Im Klartext: die nächsten drei Stunden werden sicher nicht langweilig werden.
Mein Mann hat mir eine Tasse Kaffee gemacht. Und normalerweise ist eine Tasse meiner morgendlichen Droge meine erste Amtshandlung des Tages. Aber wenn ich den Salat vor Schulbeginn mitnahmefertig haben will, dann bleibt dafür keine Zeit. Also inhaliere ich den ersten Schluck und dann nichts wie ab durch die Mitte.
Den Kuskus habe ich gestern Abend vorgekocht. Also hole ich mein Gemüse aus dem Kühlschrank wasche es kalt ab und zerkleinere es in rekordverdächtiger Geschwindigkeit. Jetzt nur noch die nötigen Kräuter aus dem Garten holen, abwaschen und zerhacken, würzen, Essig und Öl dazu, fertig.
Misst, ich habe vergessen gestern die Steaks aus der Gefriertruhe zu nehmen. Also gut, bis heute Nachmittag sind die aufgetaut. Dann gebe ich ihm das Grillsalz eben mit, schärfe ihm aber ein, dass die Gewürzdose zurückkommen muss. Auch wenn sie leer ist. schließlich ist sie mit Braille beschriftet. Innerlich habe ich mich allerdings davon verabschiedet.
Es ist fast halb acht, als ich dazu komme in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken. Dabei schaue ich mit meinem Smartphone was es neues auf Facebook gibt, lese und beantworte meine Nachrichten und plane meinen Tagesablauf, während die erste Waschmaschine läuft. Mein Sohn hat mir vorhin erklärt, dass er zwischendurch noch mal nach Hause kommt und die Sachen für das Grillen holt. Warum erst jetzt? Dann hätte ich mich heute früh nicht abhetzen müssen.
Da ich nachher in Frankfurt arbeite, will ich anschließend zum Applestore. Denn der Akku meines IPhone ist evtl. defekt. Und da Sohnemann heute Mittag nicht zuhause isst, erübrigt sich die mittägliche Raubtierfütterung. Und meine Tochter ist auf einem Workshop. Ich frage sie per WhatsApp wann sie nach Hause kommt.
DHL hat eine E-Mail geschickt, dass die bestellten Pflanzsäcke zwischen 12 und 15:00 Uhr kommen. Also abklären, ob die Nachbarn da sind. Ach ja, Blumenerde liefern lassen. Und zwar noch heute. Den morgen ist Feiertag mit anschließendem langem Wochenende. Und die Obststräucher warten seit drei Tagen auf ihr neues Domizil.
8:00 Uhr. Die Küche ist inzwischen aufgeräumt, der Tagesablauf so halbwegs geplant, und die Küche wieder in einem brauchbaren Zustand. Ich stecke mir mein Headset ans Ohr, damit ich die Hände frei zum Arbeiten habe. Denn die Erfahrung hat mich gelehrt, dass mein Telefon immer dann klingelt, wenn ich gerade am Arbeiten bin. Sprachsteuerung sein dank geht das jetzt auch ohne Smartphone aus der Tasche holen. Also, Wäsche zusammenlegen, damit auf meinem Wäscheständer Platz für den Inhalt der laufenden Waschmaschine ist. Zwischendurch erinnert mich mein Smartphone an zwei Anrufe, die ich jetzt erledigen musste. Gut, dass meine Gesprächspartner nicht sehen können, dass ich meine Wäsche lege, während wir telefonieren. Ich bin ja multitaskingfähig.
Halb neun. Endlich ist die Wäsche fertig, und der Wäscheständer leer. Während ich mich an das Aufhängen der nassen Wäsche mache, schreibt mir meine Tochter, dass sie um 15:00 Uhr zuhause ist. Ok, das muss jetzt warten. Wenn ich nachher im Bus sitze, werde ich ihr antworten. Jetzt muss ich erst mal zusehen, dass ich diesen Bus erreiche.
Neun Uhr. In 20 Minuten fährt mein Bus. Ich habe die Wäsche so aufgehängt, dass mir das Bügeln erspart wird, die nächste Maschine vorbereitet und den Rasensprenger angestellt. Zum Gießen meiner Pflanzen per Hand bleibt mir heute Morgen keine Zeit mehr. Und so wie ich aussehe, gehe ich besser nicht unters Volk. Also schnell ins Bad mit anschließendem Umziehen. Dann das Wasser abstellen, meine Tasche greifen und auf dem Weg nach draußen alle Fenster schließen.
An der Haustür angekommen, schaue ich noch mal auf mein Smartphone. Mein Bus fährt laut Plan in fünf Minuten. Also, Brille auf die Nase, Blindenstock in die Hand, und nichts wie ab durch die Mitte.
Eine Antwort auf „Grosskampftag, 3 Stunden bis zum Bus“
Liebe Lydia,danke für das erzählen deines Grosskampftags !
Es ist wirklich nicht anders,bei sehenden Eltern!
Den Kindern wird alles ermöglicht!
Wir sind zur Zeit im Urlaub und genießen Sonne und Meer!
Liebe Grüße Gudrun
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