Meine heutige Gastautorin ist Beatrice. Auf ihrem Blog BeatriceBea – Mit Hör- und Sehbehinderung dem Herzen folgen. Ihr Motto ist raus aus der Opferrolle, rein in ein selbstbewusstes Leben.
Wie ich meinem Herzen folge
Wie habe ich das geschafft? Also, ich fange mal von vorne an. So wie ich mich erinnern kann, wusste ich nie wirklich, was ich wollte! Als ich noch in der Schule war oder in der Ausbildung, wurde mir immer wieder gesagt, das kannst du nicht, dies geht nicht und so weiter. Ich wollte immer Masseurin werden, das war mein Traumberuf, oder Sportjournalistin. Es gab noch einen anderen Beruf, den ich machen wollte. Aber da hätte ich noch viel studieren müssen. Daher wollte ich diesen Beruf schlussendlich doch nicht.
Das, was ich damals wirklich gerne machen wollte, war reisen zu gehen. Im Ausland etwas machen. Die Sprache lernen. Das war das, was ich neben Masseurin zu werden, machen wollte. Nun haben mir natürlich alle davon abgeraten, das kostet viel Geld. Das geht nicht, weil ich behindert bin und auf Hilfe angewiesen bin. Lauter solche Sachen. Daher habe ich einen Beruf gelernt, den ich eigentlich nie wollte. Die ganzen 8 Jahre, in denen ich darin gearbeitet habe, war ich unglücklich.
Ich habe all die Jahre immer das gemacht, was andere von mir wollten, obwohl es mir nie wirklich Freude machte. Das alles habe ich nur gemacht, um den anderen zu gefallen.
Es war in allen Lebenslagen so. Bei der Arbeit, beim Freunde finden und so weiter. Irgendwie konnte ich mich nie dafür entscheiden, was ich wirklich wollte. Ich weiss noch genau, dass ich immer andere gefragt habe, was ich tun sollte. Ich konnte mich nie entscheiden. Es wirkte so, als ob es nichts für mich gab, was ich gerne machen würde. Weil ich Angst hatte, dass man mir wieder sagen würde, das ginge nicht. Oder weil ich den anderen gefallen wollte, indem ich das tun würde, was sie gerne hätten.
Meine Erkenntnis
Macht es einen glücklich nicht das zu tun, was man gerne macht? Klar, Geld verdienen sollte man schon. Das ist klar, aber man kann auch Geld verdienen, indem man etwas macht was einem auch Spass macht. Ich habe angefangen alles zu hinterfragen. Ob mir das wirklich Freude macht. Ob mir das gut tut. Es ist immer wichtig zu wissen was man möchte. Auch wenn es nicht einfach ist. Auch wenn alle um einen herum anderer Meinung sind, obwohl nur man selbst damit leben muss. Sag mal – wenn du merkst, die Arbeit ist langweilig, es macht keine Freude, du fühlst dich immer alleine. Was machst du dann?
Bei der Arbeit bleiben? Auch wenn es sich für dich nicht gut anfühlt? Oder suchst du dir etwas anderes, was dir mehr Freude macht? Wenn du morgens aufstehst und hoffst es wäre schon wieder Abend – wieso machst du dann diese Arbeit?
Oder wenn du jemanden kennenlernst, oder mit deinen Arbeitskollegen. Wenn sie immer wieder Ausreden haben, keine Zeit haben und so weiter. Dann frag dein Herz, ob das überhaupt einen Sinn macht noch zu warten bis sie Zeit haben. Frag dich ob das wirklich eine Freundschaft ist. Frag dein Herz, das wird dir die Antwort schon geben. Wenn du in dich hörst wirst du auch eine Antwort bekommen. Versuche es doch mal. Auch wenn alle anderen sagen „das geht nicht”, was willst du denn machen und so weiter. Dich immer und immer wieder am selben Platz halten wollen, an dem du nicht glücklich bist.
Wenn du dein Leben selbst in die Hand nimmst ist es sicher am Anfang schwer das alles durchzustehen. Aber ich kann dir sagen es lohnt sich. Und du wirst dich freier und glücklicher fühlen, wenn du das machen kannst was dir Spass macht.
Versuche es doch einfach mal, auch wenn andere dagegenreden!
Ich bedanke mich bei Beatrice für den Gastbeitrag, der bereits unter dem Namen wie ich meinem Herzen folge veröffentlicht wurde. Weitere Beiträge könnt ihr auf ihrem Blog nachlesen.
Und jetzt freuen Beatrice und ich uns auf einen regen Meinungsaustausch in den Komentaren.
2 Antworten auf „Wie ich meinem Herzen folge“
Hallo Ihr Beiden,
ja, irgendwie kenne ich das. Auf meinen Job bezieht es sich nicht, mit dem bin ich wirklich glücklich, aber den habe ich mir auch nicht selber ausgesucht sondern er passierte mir eher durch viel Glück und Vitamin B. Ich wusste aber auch noch nie, was ich will und was mir gut tut. Das hat mit großer Wahrscheinlichkeit wirklich damit zu tun, dass einer Person mit Behinderung gerne ständig alle reinreden. Alle wissen besser, was Unsereins kann, was uns gefallen sollte und wofür wir gefälligst dankbar sein sollten. Alle wissen besser, wie viel Leistung wir bringen sollen, um auch ja so gut zu sein wie die Menschen, die vermeintlich keine Einschränkungen haben. Wie soll mensch da die eigenen Bedürfnisse und Interessen herausfinden, wenn niemand einem zuhört oder glaubt, weil für die Anderen ja eh schon alles klar ist? Menschen mit Behinderung werden noch immer viel zu viel bevormundet. Mir wurde als Kind die Schuld dafür gegeben, dass meine Mitschüler*innen mich mobbten – ich sollte einfach nur netter zu denen sein, dann würde das schon werden mit Freundschaften und so. Ich sollte außerdem in der Schule immer 150% Anstrengung aufbringen, um mit den sehenden Kindern mitzuhalten – getan habe ich das nie, weil ich immer faul war und keinen Bock auf Stress hatte, aber wenn Dir dauernd so viele Vorschriften gemacht werden, verlierst Du einfach das Gefühl für Deine echten Wünsche und Bedürfnisse.
liebe Grüße
Lea
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Das spannende an diesem schönen Beitrag ist glaube ich, dass es keinen wirklichen Unterschied in der Sache bei „Behinderten“ und „Nichtbehinderten“ gibt.
Die meisten Menschen hören in ihrem (jugendlichen) Leben, das kannst Du nicht, das sollst Du nicht, dafür bist du zu klein, zu dick, zu groß, zu alt, zu jung etc.
Du kannst das nicht, weil Du nicht sehen kannst, ist da nur eine weitere Variante. In gewisser Weise zeigt das, dass die Menschen mit oder ohne Behinderung gar nicht so verschieden sind.
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