Ich mag Blogparaden, da diese ein Thema vorgeben, zu dem jeder sich äußern kann. Nur kriege ich die meisten Blogparaden oft nicht mit. Daher freue ich mich, dass ich eine persönliche Einladung zur Blogparade von Sunnybee vom Mutter und Sohn Blog bekommen habe. Diesmal ist das Thema „Was bedeutet echte Stärke für mich“.
Als blinde Frau, die gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen möchte, habe ich es immer wieder mit Stärke zu tun. Denn immer wieder heißt es für mich, dass ich für Selbstverständlichkeiten kämpfen muss. Da ist der Betreiber des Fitnessstudios, der meine Mitgliedschaft nur nach Unterzeichnung einer Sondervereinbarung akzeptieren wollte. Da ist der Reiseanbieter, der blinde, gehörlose und gehbehinderte Reisende nur in Begleitung einer volljährigen und „gesunden“ Begleitperson mitnimmt. Und da ist die Fernsehreporterin, die für den von ihr geplanten Beitrag das fertige Drehbuch mitbringt, das nur so vor Klischees strotzt. Und mittendrin ich, die ich starke Argumente anbringe, um diese Menschen zum Umdenken zu bewegen.
Stärke wurde erst recht von mir gefordert, als ich mit meinem ersten Kind schwanger war. Blind und Kind? Von „Das ist unverantwortlich“ bis zu „Die Familie unterstützt bestimmt“ war so ziemlich alles dabei. Da wurde ich berufstätige blinde Frau mit Pflegefall gleichgesetzt, nur weil sich Menschen Eltern mit Behinderung nicht vorstellen können. Und wieder war ich gefordert Argumente und Taten sprechen zu lassen. Erst recht, als dann mein zweites Kind unterwegs war.
Als blinde Mutter mit ebenfalls blindem Mann und zwei sehenden Kindern befindet man sich oft genug im Fokus der gut gemeinten Miterzieher. Alles Menschen, die es nur gut mit einem meinen. Eine Erzieherin im Kindergarten meinte es sogar so gut, dass sie mir den Sozialdienst nach Hause schickte. Worte wie „grobe Vernachlässigung“ und „Blinde Eltern“ können bei einer bestimmten Spezies von Menschen wahre Wunder bewirken. Auch wenn die bei uns nichts fanden, was eine Herausnahme der Kinder aus der Familie gerechtfertigt hätte, war ich ab da im Fokus. Stärke war damals für mich Beweise zusammenzutragen, die für mich und meine Erziehungsfähigkeit sprachen. Dabei hat es mir sehr geholfen, dass ich ein paar starke Freunde hatte, die mir immer wieder Mut gemacht haben weiterzukämpfen.
Die Kinder wurden älter, der Aktionsradius größer und die Auseinandersetzung mit meiner Sehbehinderung nahm ebenfalls ihren Lauf. Auf einmal fiel meinen Kindern auf, dass wir gern mal von Passanten begafft wurden, dass Menschen auch schon mal mit ihnen sprachen, statt mit mir als Mutter, und dass sie bedauert wurden, da sie blinde Eltern haben. Ich musste das aushalten und meinen Kindern Werkzeuge an die Hand geben, um damit umzugehen. Z. B. empfahl ich meinen Kindern einmal zurück zu starren. Es dauerte lange, bis sie sich trauten. Stärke hieß damals das auszuhalten, und sich mit Verständnis und Einfühlungsvermögen damit zu beschäftigen.
Neulich habe ich von meinen fast erwachsenen Kindern ein wunderschönes Kompliment bekommen. Nämlich, dass sie mich als starke und liebevolle Mutter in Erinnerung haben. Darüber habe ich mich von Herzen gefreut. Denn letztendlich zählt die Meinung der Betroffenen, also meiner Kinder. Und nicht die all der vielen selbsternannten Miterzieher.
Und hier findet Ihr den Aufruf zur Blogparade von Sunnybee Was bedeutet echte Stärke für mich, die noch bis zum 15.11.2018 läuft.
Und jetzt freue ich mich auf Eure Meinung zu diesem Thema in den Kommentaren.