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Tips im Umgang mit blinden Menschen

Für alle die, welche keine Erfahrung mit blinden Menschen haben, und Fettnäpfchen vermeiden möchten, habe ich ein paar Tips zusammengestellt.

Menschen, die nicht blind oder sehbehindert sind, fühlen sich oft unsicher im Umgang mit uns blinden Personen. Daraus resultieren dann schon mal Handlungen, die gut gemeint, jedoch eher kontraproduktiv sind. Lassen Sie mich daher ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. Denn auch blinde Menschen verdienen einen respektvollen Umgang.

Begegnen Sie einem blinden Menschen auf der Straße, dann stellen Sie sich bitte mit Namen vor. Spielchen wie die frage „Na, weißt Du wer ich bin“, sind keine gute Basis für einen guten Gesprächsbeginn. Nicht jeder merkt sich die Stimme einer Person, die er oder sie vor drei Wochen in der Straßenbahn getroffen hat. Ach ja, sprechen Sie bitte in normaler Lautstärke. Blinde Personen hören ebenso gut wie Sehende.

Sehverlust heißt nicht den Verlust intellektueller Fähigkeiten. Sie brauchen also auch nicht gut artikuliert oder langsam mit der blinden Person zu sprechen. Und bitte, sprechen Sie nicht mit der Begleitperson über den Blinden. Fragen wie „Was möchte er oder sie gern trinken“ sind abwertend. Fragen Sie den blinden Gast doch selbst. Der beißt nicht, und er weiß besser als seine Begleitperson was er trinken möchte. Ach ja, wenn die blinde Person zahlt, bekommt auch sie das Wechselgeld zurück, und nicht die Begleitung.

Möchten Sie blinden Menschen einen Weg beschreiben, dann benutzen Sie Angaben wie links, rechts, hinter Ihnen oder zweiter Hauseingang. Mit der Hand irgendwohin zeigen, die Schultern hochziehen oder „Dahinten“ machen bei der Kommunikation mit blinden Passanten keinen Sinn.

Wenn blinde Menschen irgendwo herumstehen, dann schauen sie sich vielleicht nur etwas aus der Nähe an, oder warten auf jemanden. Bevor Sie also die Person anfassen, und über eine Straße führen, fragen Sie, ob derjenige das überhaupt möchte. Ist Gefahr in Verzug, dann erst mal nur warnen, statt einfach so anfassen. Übergriffigkeiten mag niemand gern.

Beim Führen wird der blinde Begleiter Sie am Ellenbogen anfassen, oder Ihne die Hand auf die Schulter legen. Und er läuft etwa einen halben Schritt hinter Ihnen. Fragen Sie, ob Sie Treppenstufen ansagen sollen. Möchten Sie ihn zu einem Stuhl führen, dann reicht es seine Hand auf die Lehne zu legen. Es besteht keine Notwendigkeit ihn auf den Stuhl zu drücken oder ihm diesen unter den Hintern zu schieben.

Kommen wir mal zur Kommunikation. Gesten wie Schultern hochziehen, nicken, mit dem Finger zeigen sind sinnlos, da sie einfach nicht wahrgenommen werden können. Sprechen ist hier die wirkungsvollere Alternative. Worte wie blind, sehen, schauen sind Begriffe der alltäglichen Kommunikation. Sie können diese also uneingeschränkt verwenden, wenn Ihr Gesprächspartner blind ist. Doch sollten Sie mit fragen zur Sehbehinderung sensibel umgehen, Diese betreffen den persönlichen Bereich eines Jeden, und sind nicht immer für ein Gespräch geeignet, welches nur eine Straßenüberquerung lang währt.

Blinde Verkehrsteilnehmer lernen wie sie eine Straße sicher überqueren. Wenn Sie mit laufendem Motor halten, um diese vorbeizulassen, schaffen Sie Verunsicherung, ganz gleich wie viel Handzeichen Sie geben, oder hupen. Der Blinde sieht das nicht. Also einfach weiterfahren. Damit helfen Sie uns am besten.

Auch blinde Menschen haben Spaß an Kino, Fußballspiel oder Theater. Sie interessieren sich genauso für Kunst, Kultur, Reisen und andere Aktivitäten, die Sie gemeinsam unternehmen können. Auch unser Lebensinhalt besteht nicht nur aus Gesprächsthemen rund um Sehbehinderung.

Und zum guten Schluss noch eine Sache die mir besonders am Herzen liegt. Blinde Menschen arbeiten anders als Sehende. Und für manche Tätigkeiten müssen sie sich stärker konzentrieren. Wenn dann auch noch jemand ständig jeden Schritt kommentiert oder unsinnige Ratschläge von sich gibt, hilft das niemanden, sondern schafft Verunsicherung. Denn der Blindenstock ist dafür vorgesehen den nächsten Schritt des Blinden vorzufühlen. Es ist also völlig normal, wenn er Hauswände, Laternenpfähle oder Fahrräder berührt. Sparen sie sich Kommentare wie „Vorsicht“, oder „Da steht ein Zaun“. Vielleicht braucht der blinde gerade diese Stelle für seine Orientierung.

Wollen Sie einem blinden Menschen auf Augenhöhe begegnen, dann streichen Sie am besten Sätze wie „Ich mach das mal schnell“ aus Ihrem Sprachgebrauch. Denn das ist eher verletzend als förderlich für eine gemeinsame Ebene der Zusammenarbeit.

Von lydiaswelt

Ich bin blinde Mutter von zwei Kindern. Beiträge aus meinem Alltag und dem meiner Gastautoren finden hier eine Plattform.

12 Antworten auf „Tips im Umgang mit blinden Menschen“

Sehr schön, kompakt und anschaulich geschrieben. Großartig gelungen. Für mich sind alle wichtigen Punkte drin, die man so auf die schnelle vermitteln kann. Danke.

==================== Dipl. Inform Gerhard Jaworek Studienzentrum für Sehgeschädigte Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Engesser Straße 4 De 76131 Karlsruhe Phone: +49 721 6084 4301 Fax: +49 721 6084 42020 Email: gerhard.jaworek@kit.edu Web: info@szs.kit.edu

Mitglied der Deutschen Astronomischen Gesellschaft http://www.astronomische-gesellschaft.org

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Danke für den Hinweis. Mache ich, sobald ich wieder an einem PC sitze. Mist, das hat mein Iphone automatisch gemacht, meine Signatur eingefügt. Hach, wenn man nicht auf alles achtet… Ist aber auch von daher nicht so schlimm, weil es nur meine dienstlichen Daten sind.

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Echt wichtige Punkte. Danke, werde es gleich teilen. Bei zwei Punkten fühlte ich mich sogleich ertappt. Guter Aha-Effekt, weil ich immer von mir dachte, ich würde Blinde auf Augenhöhe behandeln. Aber wahrscheinlich muss man einfach bewusst drauf achten, einfach wie immer zu sein. Ich nehme an, das Gegenüber würde schon fragen, wenn sie oder er etwas braucht oder Unterstützung will oder?

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Liebe Lydia, sehr informativer, hilfreicher Artikel, danke dafür!🙂 Ich arbeite als Gymnasiallehrerin an einer Schule des zweiten Bildungswegs und einer meiner Studierenden ist stark eingeschränkt in seiner Sehfähigkeit. Texte liest er z.B. stark vergrößert mit einem Lesegerät, bzw. scannt Tafelanschriebe mit seinem Tablett und liest sie, indem er sie dicht vor seine Augen hält. In der Weise nimmt er wie alle am Unterricht teil. Seinen souveränen und selbstverständlichen Umgang mit seiner (Seh-) Einschränkung finde ich bewundernswert und ich lerne echt viel von ihm! Ich bin über die Blogparade der monatlich meistgelesenen Artikel von Anja von der Kellerbande auf Ihren Blog aufmerksam geworden – und werde ihn jetzt abonnieren! Herzlichen Gruß, Sarah (alias Sunnybee auf http://www.mutter-und-sohn.blog) 🙂

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