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Sehen für Blinde im digitalen Zeitalter

Auf dem Foto halte ich mein Smartphone in der Hand.
die Kamera ist in Richtung meiner Bluse gerichtet.

Ich bin mächtig aufgeregt. Heute habe ich einen Termin mit einer Redakteurin, die über meine Arbeit berichten wird. Das Outfit dafür habe ich gestern zusammen mit einer Freundin ausgesucht und griffbereit auf einen Bügel gehängt. Also alles palletti. Wenn nicht diese blöde Milchtüte umgefallen wäre. So was passiert nur heute, und nur weil ich mich bereits angezogen hatte. Was mache ich jetzt? Es ist keiner in meiner Nähe, den ich fragen kann ob die Kleidung sauber geblieben ist. Und viel Zeit bleibt mir nicht mehr.

Stopp, heute ist das kein Grund zur Panik. Dafür gibt es , Link, be my eyes, https://appsto.re/de/NN-81.i . eine Möglichkeit mir per Videotelefonie sehende Hilfe zu holen. Die entsprechende App habe ich schon lange auf meinem IPhone und bin somit angemeldet.
Und so sieht der Eingangsbildschirm aus, wenn ich die App aufrufe.
Mit einem Klick kann ich mich mit dem nächsten verfügbaren Helfer verbinden lassen. Es versteht sich von selbst, dass Videotelefonie ein WLAN braucht. Alles andere kostet Datenvolumen und oder Geld.
Nach kurzer Wartezeit meldet sich eine Stimme in meinem IPhone. Ich stelle mich kurz vor und frage ob meine Bluse sauber geblieben ist. Dabei drehe ich mein IPhone so, dass die Kamera in meine Richtung zeigt. Durch diese kann mein Gesprächspartner sehen und mir beschreiben was er sieht. Halte ich die Kamera falsch, kann er mir sagen in welche Richtung ich das Gerät drehen soll.
Für mich ist das jetzt glimpflich ausgegangen. Meine Bluse ist sauber geblieben. Und da ich das jetzt weiß, ist erst mal alles gut. Ich bedanke mich und trenne die Verbindung.
Diese Anwendung bringt Blinde und hilfsbereite Sehende weltweit zusammen. Ich kann einstellen in welcher Sprache ich kommunizieren möchte. Die Nutzeroberfläche ist intuitiv bedienbar.
Ich nutze diese Anwendung hin und wieder, wenn ich keine normal sehende Person in meiner Nähe habe. Somit lösen heruntergefallene Knöpfe oder Schrauben keine Katastrophe aus, sondern lediglich einen Griff zum IPhone.
Bis jetzt ist diese Anwendung nur für IOS verfügbar. Jedoch ist der Zugang für Android in Planung.
Der Vollständigkeit halber möchte ich noch eine Gruppe erwähnen, die sich auf Facebook gebildet hat. Sie trägt den Namen „, Link, Sehen für Blinde und Sehbehinderte, ich leihe Dir mein Augenlicht, https://www.facebook.com/groups/1202746309785609/

 “.
Das ist besonders praktisch, wenn es heißt: Lieschen Müller hat ein Foto geteilt. Fotos werden nicht richtig beschrieben. Und auch Text, der sich auf dem Foto befindet, ist mit den Screen Readern für Blinde nicht auslesbar. So ein Foto kann ich also mit dieser Gruppe teilen. Und irgendein sehender Leser beschreibt es dann für mich. Ebenso kann ich auch ein Bild fotografieren und fragen was es zeigt. Das waren jetzt zwei Beispiele von diversen Möglichkeiten der Selbsthilfe. Ich finde das besonders wichtig, wenn man als Blinder Wert auf größtmögliche Unabhängigkeit legt. Auswahl

 

Von lydiaswelt

Ich bin blinde Mutter von zwei Kindern. Beiträge aus meinem Alltag und dem meiner Gastautoren finden hier eine Plattform.

12 Antworten auf „Sehen für Blinde im digitalen Zeitalter“

Hat dies auf rebloggt und kommentierte:
Sie ist eine starke Frau, sie ist Mutter mit Migrationshintergrund und blind.
Lernt den spannenden und informativen Blog von Lydia kennen.
In ihrem neuesten Beitrag erzählt sie uns wie sehende Blinden dank mobiler Kommunikation und sozialen Netzwerken das Leben leichter machen können …

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Das freut mich, dass du dir die App auch geladen hast. 🙂 Auf deinem Blog würde ich mir klar strukturierte Absätze wünschen. Dann kann ich besser darin navigieren. Im Moment geht es zwar auch, ist aber etwas anstrengend. 🙂

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be my eyes kann ich auch nur empfehlen. es gibt aber auch jede menge weitere apps, die für menschen wie uns, die nicht über adleraugen verfügen, sehr hilfreich sein können. blind square ist so ein geniales ding. hast du das schon mal probiert?
werde diesen artikel von dir rebloggen. auf meinem blog gehts zwar nicht in erster linie um sehen oder nicht sehen, sondern um reise und kultur. jedoch ist der gedanke der barrierefreiheit ein teil davon und somit auch der hinweis auf hilfsmittel. be my eyes wollte meine lebensgefährtin, die wenigr sieht als ich aber mehr von technik versteht, auch schon mal beschreiben. aber das ist ja nun nicht mehr nötig, weil du das in dieser sehr präzisen art schon erledigt hast. ich hoffe, das rebloggen ist für dich okay…

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Hat dies auf peter bachsteins schöne ecke rebloggt und kommentierte:
Wie hier auf der Schönen Ecke hin und wieder angedeutet wurde, sind iphone & Co im Zusammenspiel mit speziellen Apps für Menschen mit Seheinschränkung sehr brauchbare Helferlein. Hier hab ich nun auf lydias welt einen artikel gefunden, der sich u. a. mit der app „be my eyes“ befasst. Mit Hilfe dieser App werden voll sehende Menschen und Menschen, die blind oder sehbehindert sind, miteinander vernetzt mit dem Ziel, das der sehende Mensch via Internet dem blinden oder sehbehinderten Menschen quasi seine Augen zur Lösung kurzfristiger Probleme zur Verfügung stellt…

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