Mein Name Ist Lydia. Ich lebe seit mehr als 40 Jahren in Deutschland. Ich wurde als Kind arabischer Eltern in Jordanien geboren.
Als ich etwa vier Monate alt war, fiel meinen Eltern auf, dass irgendetwas mit meinen Augen nicht normal war. Ab da taten meine Eltern alles aus ihrer Sicht Menschen mögliche, um mir zu helfen.
In manchen Gegenden ist es noch heute gängige Praxis Kinder mit einer Behinderung im Verborgenen aufwachsen zu lassen. Teilweise aus Angst vor Minderwertigkeit anderen Familien gegenüber, teilweise aber auch aus Unwissenheit heraus. Und nicht jeder hält es gleich gut aus sich dem Spott anderer auszusetzen.
Mein Vater, der bereits vor seiner Heirat einige Jahre in Deutschland gearbeitet hatte, ging dorthin zurück. Denn dort gab es Arbeit und damit auch Geld, um die Familie zu ernähren, und um die blinde Tochter behandeln lassen zu können. Zu diesem Zeitpunkt glaubten meine Eltern noch an eine Heilung für mich und klammerten sich noch Jahre lang an jeden noch so dünnen Strohhalm.
Meine Mutter versteckte mich nicht. Sie nahm mich überall hin mit. Ich wuchs mit dem Wissen auf, dass ich ein armes blindes Mädchen war. Denn das bekam ich täglich zu hören, bis ich es einfach als gegeben hinnahm. Und dann war noch die Tatsache, dass ich einen Vater hatte, der in Almanja, das ist das arabische Wort für Deutschland, arbeitete. Und dass war zu weit weg, um nach der Arbeit zu uns nach Hause zu kommen. Und deshalb lebte meine Mama mit mir und meinem ein Jahr jüngeren Bruder eben bei Oma und Opa.
Ich war vier Jahre alt, als meine Mutter erklärte, dass wir zu meinem Vater fliegen würden. Damals fand ich das ungeheuer spannend. Erst recht, da alle Menschen, die ich kannte, nur positives von Deutschland zu berichten wussten.
Ich konnte damals nicht wissen, dass sich mein Leben von Grund auf ändern würde. Es war der Weg vom Dasein eines armen blinden Mädchens hin zu einer Frau, die ihr Leben selbstbestimmt lebt. Dazu gehören fast erwachsene Kinder, zwei Katzen, Berufstätigkeit und noch einiges mehr.
Ich möchte euch einladen mich auf diesem Weg zu begleiten.
9 Antworten auf „Als blindes Kind arabischer Eltern“
Sehr gut und mutig geschrieben!
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Ich bin sehr gespannt auf deine Geschichten! Liebe Grüsse Anja
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Wow, toll geschreiben, ich freue mich auf deine Erfahrungen. Und dein Bild ist wahnsinnig schön. du hast eine beeindruckende Ausstrahlung.
Vielleicht hättest du Lust auf einen Gastartikel in meiner Blogreihe?
Lg wheelymum
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Gern.
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Oh, wie ich mich freue. Dann schreibe mir doch bitte eine Mail an wheelymum08@web.de
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Hallo!
Ich bin auf diesen Blog aufmerksam geworden, weil Sie heute (7.9.2016) im Bus Ihren Bekannten oder Nebensitzern davon erzählt haben. Unter anderem auch, dass Sie sich über jeden Klick und jeden Besuch freuen. Aber nicht nur deswegen habe ich mir Ihren Blog heute durchgelesen, sondern auch, weil Ihre Beschreibung mein Interesse geweckt hat.
Sie schreiben sehr gut und anschaulich und ich freue mich darauf, mehr von Ihnen zu lesen.
Vielen Dank für Ihre Mühe!
Beste Grüße
dieBücherschubse
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Es freut mich, dass Ihnen meine Beiträge gefallen haben.
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[…] und schaute es mir an. Aber es sollten Monate vergehen, bis ich meinen ersten Beitrag mit dem Titel Als blindes Kind arabischer Eltern schrieb und online stellte. Dieser Beitrag schaffte am selben Tag 118 Aufrufe. Das motivierte mich […]
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[…] hatte. In solchen Momenten gehen einem alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Mein erster Beitrag Als blindes Kind arabischer Eltern, mit dem ich mich zum ersten Mal an einen Blogbeitrag traute, und der eine gute Resonanz bekam. […]
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